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29 Prozent Sonderabschreibung für Wohnungsneubau „Die Abschreibungssätze müssen höher sein"

Hans-Joachim Beck, ehemaliger vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg und Leiter der Abteilung Steuern des Immobilienverbands IVD. Foto: Reto Klar
Hans-Joachim Beck, ehemaliger vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg und Leiter der Abteilung Steuern des Immobilienverbands IVD. Foto: Reto Klar
DAS INVESTMENT: Herr Beck, kaum plant die Regierung eine Sonderabschreibung, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, schon torpedieren einige Ministerpräsidenten der Länder den Vorschlag. Sie sind nicht bereit, den Steuerausfall mitzutragen. Den soll der Bund allein übernehmen. Wie soll das gehen?

Hans-Joachim Beck:
So geht das natürlich nicht. Die Einkommensteuer ist eine Gemeinschaftssteuer, die Bund und Ländern gemeinsam zusteht. Das wird auch so bleiben. Die geplanten Steueranreize dürfen nicht am Streit zwischen Bund und Ländern scheitern. Alle müssen Kompromisse eingehen.

Das sieht derzeit nicht so aus.


Beck:
Wir haben eine Million Flüchtlinge und sowieso schon Wohnungsknappheit in den Großstädten. Es müssen daher dringend Wohnungen gebaut werden. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit. Wir müssen in einen neuen Modus schalten: von Schönwetter auf Not am Mann. Bei der Schaffung von Erstunterkünften ist dies schon geschehen. Nun muss auch der Bau neuer Wohnungen erleichtert werden. Autosuggestion reicht zur Lösung des Problems nicht aus.

Noch nimmt die eine Hand, was die andere gibt. Bauen wird dank der neuen Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, von diesem Jahr an deutlich teurer.


Beck: Die EnEV 2016 erhöht die Kosten um 7 bis 10 Prozent. Darum sollte man sie zumindest für drei Jahre aussetzen.

Wie kann man die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum fördern?

Beck:
Es gibt nicht den einen Schlüssel zum Erfolg, sondern viele kleine Stellschrauben. Es muss mehr Bauland ausgewiesen und die Belastung mit öffentlichen Abgaben sollte vermindert werden. Unter anderem sollte die Grunderwerbsteuer sinken und für Selbstnutzer ganz wegfallen. Auch die Grundsteuer muss runter. Die EnEV 2016 sollte für mindestens drei Jahre ausgesetzt werden. Vor allem aber muss man privates Kapital in den Wohnungsbau lenken. Der Staat allein kann den erforderlichen Wohnungsbau nicht finanzieren. Nach dem Krieg ist Deutschland vor allem mithilfe der Abschreibungen nach Paragraf 7b Einkommensteuergesetz aufgebaut worden.

Die geplante Sonderabschreibung der Regierung ist also grundsätzlich schon mal ein guter Anfang?


Beck: Ja, der Vorschlag ist im Prinzip gut. Er sollte allerdings noch überarbeitet werden. Zum einen müssen die Abschreibungssätze höher sein. Denn für Investoren steht der Bau von Wohnungen in Deutschland in Konkurrenz zu sämtlichen anderen Assets auf der ganzen Welt. Die bisher geplanten Steuersätze werden sie nicht davon abhalten, ihr Geld in wachstumsstärkeren Regionen wie etwa den USA anzulegen. Außerdem muss man gleichzeitig den Paragrafen 15b Einkommensteuergesetz ändern, sonst läuft die Sonderabschreibung ins Leere. Denn was nützen mir Verluste, wenn ich sie nicht mit anderen Einkünften verrechnen kann?

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