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in ETFs & IndexfondsLesedauer: 10 Minuten

„Aberwitzige Selbstüberschätzung aktiver Manager“ Die absurde Dämonisierung von ETFs

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Auf ETF-Struktur-bezogene Argumente gehe ich hier aus Platzgründen nicht ein. Lediglich ein ETF-Strukturrisiko will ich hier kurz diskutieren: ETFs in "exotischen" Asset-Klassen sind oft liquider als die in diesen ETFs enthaltenen Assets. Das gilt z. B. für manche Hochzinsanleihenindizes, wenngleich kaum für normale Aktien-ETFs. "Liquider" heißt, der ETF wird häufiger getradet und hat engere (günstigere) Geld-Brief-Spannen als der Durchschnitt der jeweiligen ETF-Assets selbst. In einer Börsenkrise mit dann naturgemäß reduzierter oder austrocknender Liquidität kann dieser Sachverhalt in der Tat vorrübergehend zu einer extremen Ausweitung der Geld-Brief-Spannen von ETFs führen, Divergenzen zwischen ihrem Kurs und dem errechneten Net Asset Value bis hin zu ihrer kompletten Aussetzung vom Handel.

Ja und? Zum einen wird das in einer solchen Situation für die besagten exotischen "Underlyings" außerhalb der ETFs in ähnlicher Weise gelten und – noch wichtiger – dieses Phänomen betrifft auch konventionelle, aktive Investmentfonds, Immobilienfonds (die notorisch dafür sind), sogar Geldmarktfonds und letztlich die gesamte Verbriefungsindustrie ("Asset Backed Securities") einschließlich deutscher Pfandbriefe. Der gigantische immobilienbezogene ABS-Markt ("CLOs" und "CDOs") ging in der Krise 2008/2009 aus diesem Grund durch ein Nahtoderlebnis, von dem er sich bis zum heutigen Tage nicht völlig erholt hat. [3] Mit anderen Worten: Hier wird ETFs etwas vorgeworfen, was für mehr oder weniger alle kollektiven Investmentvehikel gilt und etwas, das vermutlich eine unvermeidliche Begleiterscheinung von Börsenkrisen ist.

Auf alle Fälle ist festzuhalten, dass seit der Markteinführung des ersten ETFs vor 24 Jahren in den USA meines Wissens kein Privatanleger weltweit aus der rechtlichen Konstruktion von ETFs heraus einen Schaden erlitten hat. Das schließt auch die oben genannten Sonderformen von ETFs ein. Hingegen haben Privatanleger in offenen Immobilienfonds, geschlossenen Fonds (Immobilien, erneuerbare Energien, Medien, Schiffe et cetera) und von Banken emittierten Zertifikaten unzählige Male schwere Verluste erlitten, die aus der rechtlichen Struktur dieser Produkte resultierten, nicht nur aus der wirtschaftlichen Downside des zugrundeliegenden Investments.

Die ETF-Struktur hat sich insbesondere in zwei extrem scharfen "Stresstests" bewährt – dem Dotcom-Crash (2000 bis 2002) und der großen Finanzkrise ab 2008.

Im Übrigen begehen ETF-Kritiker oft den grundsätzlichen Irrtum, ETFs als "neuartige" oder "einzigartige" Investmentvehikel zu betrachten. Wie oben angedeutet, ist der größte Teil der ETF-Struktur identisch mit derjenigen normaler, streng regulierter UCITS-Investmentfonds oder dem US-Äquivalent RIC-Fonds, deren rechtliches Grundgerüst über einen Zeitraum von 80 Jahren entwickelt und getestet wurde. ETFs in ihrer heutigen Form existieren seit 1993, also seit 24 Jahren. Aufgrund der Erfahrungen in den zwei großen Markt- und Börsenkrisen der vergangenen 17 Jahre wurde die ETF-Struktur in mehreren Details noch weiter verbessert, denn nichts Menschliches auf der Welt ist perfekt oder wird es je sein. Das gilt für jedes Finanzprodukt.

Kommen wir zu den interessanteren Kategorie-B-Argumenten. Sie postulieren eine Gefahr aus dem wachsenden Marktanteil von ETFs. Die Argumente der Kritiker lauten so: Aufgrund des seit einigen Jahren steigenden Marktanteils von ETFs – der Marktanteil wird von ETF-Kritikern für 2016/2017 oft mit 20% oder 25% beziffert – werde die volkswirtschaftliche Kapitalallokationsfunktion der Finanzmärkte geschwächt (siehe die Zitate am Anfang dieses Artikels). Ein Indexinvestment sei definitionsgemäß "blind", denn der Investor versuche nicht, die guten Unternehmen durch Allokation von Kapital (Kauf) zu belohnen und die schlechten Unternehmen durch Entzug von Kapital (Verkauf) zu bestrafen.

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