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Abschaffung des Garantiezinses Das halten die Versicherer davon

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Guntram Overbeck, Prokurist, Helvetia

Was halten Sie von diesem Plan der Bundesregierung? 

Durch das Eingreifen des Staates / der EZB ist ein planvolles Umgehen (wie in der Vergangenheit) mit den Zinsmärkten nicht mehr möglich. Vieles ist politisch- und nicht marktgetrieben. Aus diesem Grunde sind Rechnungszinsen mit Laufzeiten teilweise bis oder über 100 Jahre nicht mehr möglich (eine Rentenversicherung garantiert nicht nur für die Ansparphase, sondern auch für die Rentenphase). 

Der Rechnungszins war für Gesellschaften aber nur als Obergrenze verpflichtend. Die Indexpolicen haben den Rechnungszins schon „freiwillig“ auf 0 Prozent gesenkt. Somit gibt es schon konventionelle Kapitalversicherungen („die neue Klassik“) ohne Rechnungszins. Bewerten kann man dieses Vorhaben also schlecht. Der Markt wird auch in Zukunft zeigen, welcher garantierte Zins möglich ist und angeboten wird. Es kann auch sein, dass sich der Markt auf die 0 Prozent Rechnungszins der Indexpolicen einpendelt – oder auch weniger, wenn die EZB ihre Nullzins-Geldpolitik nicht aufgibt. 

Ist das ein notwendiger Schritt, um die Branche im Niedrigzinsumfeld weiter zu stabilisieren? 

Um die Branche zu stabilisieren, müssen ganz andere Themen angegangen werden. Die alten Rechnungszinsen (zum Beispiel von 4 Prozent) sind davon nicht betroffen. 

Fällt damit nicht das Hauptargument für den Verkauf von konventionellen Lebensversicherungen weg? Ist das Produkt dann endgültig tot? 

Konventionelle Kapitalversicherungen leben nicht von dem Rechnungszins. Sie leben von der Absicherung der Langlebigkeit und der Absicherung der Altersversorgung mit sicheren Schritten. Durch die Nullzinspolitik der EZB kann eine konventionelle Kapitalversicherung die notwendige Rendite von 5 bis 6 Prozent zur Zeit für einen Normalverdiener nicht mehr erwirtschaften. Sparer sollten – außer sie sind sehr wohlhabend und können sich (Beitrags-)Garantien leisten – auf riskantere, aber renditeträchtigere Anlagen konzentrieren. 

Fondspolicen sind in der jetzigen Phase mit die beste Möglichkeit gegen die Nullzinspolitik anzukommen. Oder der Kunde nutzt die Steuereffekte von bAV oder Basisrente, um die niedrige sichere Verzinsung aufzustocken. Fazit: Nicht der Rechnungszins tötet die konventionelle Kapitalversicherung in Raten, sondern die Nullzinspolitik der EZB. 

Wenn Sie künftig selbst einen Höchstrechnungszins festlegen können, wie hoch würden Sie diesen ansetzen und warum? 

Nehmen Sie einen 30-jährigen Sparer. Dieser geht zu einer Bank und sagt: „Ich möchte einen Sparvertrag bis 67 Jahren abschließen und danach soll das Geld mir ratierlich bis zum 85 Lebensjahr ausgezahlt werden. Über diese 55 Jahre möchte ich einen garantierten Zins haben. Wie hoch ist dieser?“ Wie wird die Bank antworten? Kann die Bank 0 Prozent anbieten? Wenn wir uns in einem politisch getriebenen Geldmarkt befinden, könnte selbst ein Zins von 0 Prozent zu hoch sein. Was ist wenn die negativen Zinsen auch die 10-jährige Staatsanleihe erreichen? Die Frage müsste eigentlich lauten: Kann ein Finanzinstitut (Bank, Versicherungsgesellschaft, ...) überhaupt noch für lange Laufzeiten einen Rechnungszins anbieten oder sollte man nicht eher sich auf die Laufzeiten beschränken, die überschaubar sind?