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Acatis-Berater Martin Wilhelm über seinen Value-Ansatz für Anleihen „In zwei Jahren werden viele sagen, dass man Petrobras hätte haben sollen“

Martin Wilhelm, Gründer der Frankfurter Vermögensverwaltung IFK sowie Berater des Acatis IFK Value Renten
Martin Wilhelm, Gründer der Frankfurter Vermögensverwaltung IFK sowie Berater des Acatis IFK Value Renten
DER FONDS: Was verstehen Sie unter Value im Anleihebereich?

Martin Wilhelm: Wir haben den Value-Ansatz aus dem Aktienbereich auf die Anlageklasse Anleihen übertragen. Wir suchen nach Schnäppchen. Notiert eine Anleihe etwa bei 92 Prozent ihres Nominalwerts, obwohl ich weiß, dass sie eigentlich 96 Prozent wert ist, dann ist das für uns interessant. Den Kursgewinn von 92 auf 96 nehmen wir gerne mit. Einen überzogenen Kursverfall gibt es zum Beispiel häufig, wenn Anleihen aus dem Investmentgrade-Bereich herausfallen. Dann müssen viele Investoren aufgrund ihrer Anlagerichtlinien verkaufen. Einige Monate später pendeln sich die Kurse meist auf höherem Niveau wieder ein.

Ist es zurzeit einfach, Value-Anleihen zu finden?

Ich schätze, rund ein Viertel der Anleihefonds ist in diesem Jahr im Minus. Unser Fonds weist per Anfang August ein Plus von 3,6 Prozent aus. Es finden sich immer wieder Anleihen, die gerade nicht en vogue und entsprechend günstig zu haben sind. Dies ist aktuell der Fall bei Themen wie Russland oder Brasilien. In zwei oder drei Jahren werden viele Investoren sagen, dass man natürlich Anleihen der brasilianischen Ölfirma Petrobras hätte haben sollen. Aber kaum einer wird sie dann gekauft haben.

Ihr Fonds hat sich in der Vergangenheit in einigen Phasen fast gegensätzlich zu gängigen Rentenindizes und anderen globalen Anleihefonds entwickelt. In den vergangenen ein, zwei Jahren erzielte der Index bessere Ergebnisse. War es keine gute Zeit für Value-Investoren?

Wir gehen unseren Weg. Den Fonds gibt es seit sechseinhalb Jahren. Seit der Auflegung haben wir 86 Prozent verdient, der Index nur 40 Prozent – und das bei der Hälfte der Volatilität. In den vergangenen zwei Jahren gab es am Markt viel Unterstützung von sinkenden Zinsen, und gerade von dieser Automatik wollen wir uns eher lösen. Zudem enthält der Vergleichsindex rund 40 Prozent US-Dollar-Anleihen. Der Long-Anteil im Fonds liegt bei 15 Prozent, wovon wir die Hälfte auf den Euro abgesichert haben. Hier war der Index im Vorteil. Wir bleiben unserer Strategie treu. Wir sehen kein Value in zehn- oder fünfjährigen Bundes- oder US-Staatsanleihen. Schon bei 2 Prozent Rendite waren zehnjährige Bundesanleihen für uns uninteressant, und jetzt sind sie es erst recht. Es gibt andere Anleihen, mit denen mittelfristig mehr Geld zu verdienen ist.

Und welche sind das, wo finden Sie noch Value?

In allen möglichen Themen, das zeigen auch unsere größten Positionen. Im Investmentgrade-Bereich, außerhalb des Investmentgrade-Bereichs, in Währungen, in Hybrid-Anleihen, in Wandelanleihen. Das Portfolio ist ein bunter Mix aus Anleihen – ohne langlaufende Bundes- und US-Staatsanleihen.

Ein Beispiel, bitte.

Nehmen wir unsere zweitgrößte Position, eine Anleihe der Development Bank of Mongolia. Die Mongolei ist eines der zehn rohstoffreichsten Länder der Erde mit einem vernünftigen Wirtschaftswachstum und einer Verschuldung von nur 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Anleihe der Entwicklungsbank – in etwa das mongolische Pendant zur deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau – ist mit 6,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren höher verzinst als eine entsprechende Staatsanleihe. In der Dokumentation zur Anleihe, die mehrere Hundert Seiten umfasst, steht jedoch, dass der Staat für die Anleihe garantiert. Das ist Value, den nicht jeder erkennt. Für unseren Fonds, der rund 550 Millionen Euro schwer ist, bietet die Anleihe auch ausreichend Liquidität. Es ist unwahrscheinlich, dass wir hier zwischenzeitlich hohe Kursgewinne sehen, aber wir erwarten auch keine großen Verluste.

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