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Markus Stillger über die Angst des Golfers vor dem Putten Gewinner, die eigentlich Verlierer sind

Als Golf-Sponsor übel aufgelaufen: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Markus Stillger
Als Golf-Sponsor übel aufgelaufen: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Markus Stillger

Ein milder Frühherbsttag in einem Golfclub im Westerwald. Der „3. Betongold & Finanzen Cup“ steht an. Gemeinsam veranstaltet von der Volksbank vor Ort, einem Vermögensverwalter sowie einem Bauträger und örtlichen Betonwerk.

Wie in jedem Jahr stimmten sich die Protagonisten im Vorfeld über die Preise ab. Neben den üblichen Blumen und Getränkepreisen soll es wie immer ein Präsent für die beiden Brutto-Sieger geben. Für alle Nicht-Golfer: Das sind die Dame und der Herr, die jeweils die wenigsten Schläge für 18 Loch brauchen.

Vor zwei Jahren stiftete die Volksbank jeweils 10 Gramm Gold, letztes Jahr das Betonwerk einen Hotelgutschein und dieses Jahr war der Vermögensverwalter an der Reihe. Was lag da näher als ein Wertpapier-Präsent? In diesem Fall in Form eines Anteils an einem deutschen Aktienfonds, der zum damaligen Zeitpunkt bei circa 170 Euro notierte.

Da die Spender dieses Anteils zum einen sehr optimistisch für den weiteren Verlauf der nächsten drei Jahre am Aktienmarkt waren (und sind) und auch über große Erfahrung im Umgang mit Derivate-Strukturen verfügen, entschieden sie sich dafür, den Brutto-Siegern anzubieten, bis zu 20.000 Euro zusätzlich zu ihrem Preisgewinn anzulegen. Das Ganze verbunden mit einer Garantie, dass nach den drei Jahren mindestens das eingezahlte Kapital zur Verfügung steht.

Hintergrund dieses Angebots war, der in breiten Kreisen der Bevölkerung vorhandenen „Wir wollen nichts verlieren“-Mentalität Rechnung zu tragen. Aufgrund der niedrigen Volatilität am Aktienmarkt kostete eine solche Absicherung gerade mal 10 Prozent des investierten Kapitals. Also ein zusätzlicher Preis in Höhe von 2.000 Euro zu den 170 Euro, die der Anteil kostete. Der Preisgeber kann sich natürlich überlegen, das Geld für die Versicherung zu sparen und das Risiko, dass die Kurse nach drei Jahren im Minus stehen, auf die eigenen Bücher nehmen.

Gesagt, getan: Bei herrlichem Wetter und guten Platzverhältnissen kam es dann nach dem obligatorischen Büffet zur Siegerehrung.

Jetzt sollte man ja davon ausgehen, dass bei einem Golfturnier in der Regel die Teilnehmer nicht nur über ein über dem Median liegendes Vermögen verfügen. Auch der wirtschaftliche Bildungsgrad der Leute sollte eigentlich überdurchschnittlich sein.

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Auf die erste Frage des Moderators („Vor zwei Jahren haben wir ja jeweils Goldbarren verschenkt – was glaubt Ihr denn, wie die sich seitdem entwickelt haben?“) kamen dann Antworten aus dem Publikum, die von verdreifacht, verdoppelt bis hin zu 50 Prozent Gewinn reichten. Dass der Goldpreis in Euro gerechnet um 10 Prozent gesunken war, hatte keiner der Teilnehmer auf dem Schirm.

Dann wurden die Gewinner nach vorne gerufen und bekamen jeweils symbolisch einen Anteil überreicht. Ich gebe zu, das ist für einen Laien sehr kompliziert zu verstehen, aber wörtlich gab es den Zusatz: „Sie können sich diesen Anteil auszahlen lassen, dann überweisen wir Ihnen 170 Euro. Sie haben aber auch die Möglichkeit, bis zu weitere 20.000 Euro anzulegen und wir garantieren Ihnen, dass Sie nach drei Jahren dann mindestens 20.170 Euro heraus bekommen: Es kann aber auch deutlich mehr werden und die Gewinne stehen Ihnen – nach Abzug der Abgeltungssteuer – in voller Höhe zu. Wir schenken Ihnen quasi eine Kursverlust-Versicherung, und das ist der eigentliche Hauptpreis. Hätten wir diesen Preis vor drei Jahren ausgelobt, wären zum Beispiel aus den 20.170 Euro nach Steuern circa 23.000 Euro geworden. Bei null Risiko, etwas zu verlieren.“

Wie ging das Ganze aus?

Der Herren-Sieger ließ sich das ganze Prozedere nach der Siegerehrung noch einmal detailliert erklären und rief dann drei Wochen später an, man möge ihm doch bitte die 170 Euro überweisen. Mit Aktien könne man nichts verdienen. Die Damen-Siegerin hat sich bis heute nicht gemeldet, und dem Autor dieses Beitrags fehlen eigentlich die Worte.

Tag für Tag wird der „böse Herr Draghi“ gerade von den Leuten, über die wir hier gesprochen haben, verteufelt und mittlerweile liegen 70 Prozent der Dax-Aktien in den Händen von Ausländern.

Wie bereits vor einigen Wochen an dieser Stelle erklärt gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass auch in Deutschland Aktien beziehungsweise Aktienfonds eine Renaissance als Anlageform erleben werden. Aber ich fürchte, diese Wiedergeburt wird dann nicht von fundamental basierten Überlegungen geprägt sein, sondern von Gier. Zum Beispiel dann, wenn der Dax bei 20.000 Punkten steht und man war nicht dabei.

Über den Autor: Markus Stillger ist Gründer und Inhaber der Stillger & Stahl Vermögensberatung und der MB Fund Advisory in Limburg.

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