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Dax & Co. „Wahrscheinlich haben wir die Tiefststände noch nicht gesehen“

Thomas Buckard ist Vorstand der Michael Pintarelli Finanzdienstleistungen in Wuppertal
Thomas Buckard ist Vorstand der Michael Pintarelli Finanzdienstleistungen in Wuppertal
Ich glaube nicht, dass uns noch mehrere Zinsschritte der Fed bevorstehen und betrachte die amerikanische Wirtschaftskraft skeptisch. Aus den USA kommen widersprüchliche Daten: Einerseits entwickeln sich die Arbeitslosendaten positiv. Dafür sind die Zahlen aus dem Geld verarbeitenden Gewerbe nicht mehr so gut. Die amerikanische Notenbank beginnt schon, ihre Politik zu überdenken und wird versuchen, ihr Gesicht zu wahren. Deshalb ist ein zweiter Zinsschritt möglich. Anschließend wird sich die Fed zurückhalten müssen, denn drei bis vier weitere Zinserhöhungen würden den Abwärtstrend nur vorantreiben.

Interessanterweise macht das Währungspaar Euro/Dollar nicht das, was Analysten bisher fast einstimmig erwarteten. Im Oktober habe ich Wetten angenommen, dass wir die Parität bis zum Jahresende nicht mehr sehen. Der Euro hat sich sogar klar erholt – obwohl es eine deutliche Zinsdifferenz zum US-Dollar gibt. Warum? Weil die Anleger entsprechend positioniert waren, nachdem alle Propheten pro Dollar geredet haben. Jeder war in Dollar investiert. Der Euro stabilisierte sich trotz der Geldpolitik der EZB und legte seit Jahresanfang fast fünf Prozent zu. Seine zunächst verblüffende Stärke resultiert aus der Annahme, dass Zinserhöhungen der Fed nicht im erwarteten Maße kommen. Wenn die Entwicklung so weitergeht, können wir bald wieder Dollar-Positionen aufbauen.

Dagegen ist der Anleihemarkt gespalten. Im High Yield-Bereich sehen wir einen extremen Anstieg der Renditen. Energieunternehmen müssen bis zu 20 Prozent Zinsen zahlen. Das steht im Gegensatz zum Markt für Staatsanleihen: Hier sind wir bereits bei acht Jahren Laufzeit bei negativen Renditen! Ich fürchte, diese Entwicklung wird so weitergehen. Der fallende Ölpreis ist Fluch und Segen zugleich. Für die Energieindustrie ist es katastrophal. Es herrscht ein Verdrängungswettbewerb. Gerade die Fracking-Industrie leidet darunter. Ich glaube, es ist das ausgemachte Ziel, Anbieter auf diesem Weg aus dem Markt zu drängen. Für die produzierende Industrie ist ein niedriger und stabiler Ölpreis natürlich ein Segen. Er wird aber nicht so niedrig bleiben, sondern sich mit Sicherheit wieder normalisieren.

Insgesamt haben sich die Perspektiven verdüstert, obwohl die volkswirtschaftlichen Daten gar nicht so schlecht aussehen. Besonders der niedrige Ölpreis irritiert. Deswegen ist der Schalter bei den Investoren jetzt auf „risk off“ gestellt und alles wird negativ bewertet. Man darf allerdings nicht auf jeden Husten im Markt reagieren und in Panik verfallen. Gier und Euphorie sind schon immer schlechte Ratgeber gewesen. Wenn man diese Phase aussitzt und in der Lage ist zu agieren – dafür ist Liquidität jetzt wichtig –, immer wieder die Risiko-Rendite-Relation überprüft, dann gibt es eine Menge Chancen. Wahrscheinlich haben wir aber die Tiefststände noch nicht gesehen. Wichtig ist, dass man keine Aktien auf Kredit gekauft und nicht in Hebelzertifikate investiert hat, bei denen der Zeitwertverlust das Kapital dahin schmelzen lässt.

Ich glaube an eine Beruhigung und auch daran, dass diese volatile Phase mit hohen Angstprämien uns viele Möglichkeiten gibt. Dafür ist Liquidität unverzichtbar! Allerdings: Kursziele von 12.000 Punkten im Dax – wie einige Auguren prophezeien – halte ich aber für zu optimistisch.

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