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Kommentar Aktienkultur in Deutschland: Ein Nikolaus, der öfters kommen darf

DER-FONDS-Kolumnist Markus Stillger
DER-FONDS-Kolumnist Markus Stillger

Knapp drei Wochen vor Weihnachten findet mit der Nikolaus-Bescherung insbesondere bei Familien mit Kindern im Vorschulalter ein liebgewonnenes vorweihnachtliches Ritual statt. Oftmals sieht man dann Männer mit weißen Bärten und einem Sack über der Schulter durch die Straßen huschen. Im Sack befinden sich Geschenke für die braven Kinder und eine Rute für die unartigen Kinder, mit der aber heutzutage nur noch gedroht wird. Die Zeiten, in denen dieses Instrument aktiv eingesetzt wurde, sind Gott sei Dank vorbei.

Spätestens im Grundschulalter hat sich ein solcher Auftritt aber erübrigt. Zumindest dann, wenn das Kind zwar zunächst andächtig zuhört, aber irgendwann mit der Bemerkung „der redet ja genauso wie Onkel Klaus“ erkennen lässt, dass die Märchenstunde der Vergangenheit angehört.

Einen vollen Sack hatte der Nikolaus in der vergangenen Woche für alle Geldanleger dabei. Wobei sich die Geschenke allerdings nur auf einen kleinen Teil der Gemeinde verteilten. Nur knapp 14 Prozent der Bevölkerung in Deutschland besitzen Aktien oder Aktienfonds und konnten sich in der Nikolaus-Woche über einen Kursanstieg von knapp 7 Prozent im Deutschen Aktien-Index freuen. Für den großen Rest gab es dann am vergangenen Donnerstag mit drei Tagen Verspätung von „Onkel Mario“ die Rute. Mindestens bis zum Jahr 2019 wird die von Mario Draghi geführte Europäische Zentralbank an ihrer Nullzinspolitik festhalten. Auch wenn die auflagenstärkste deutsche Zeitung am Tag nach der EZB-Sitzung titelte „Das kostet uns dieser Mann – BILD rechnet mit Draghi ab!“ – zu dieser Politik gibt es keine Alternative.

Abgesehen davon, das BILD wohl die falsche Lektüre ist, wenn ich mich über Wirtschaftsthemen informieren will, ist meine Rechnung hier einfach: Jeder Prozentpunkt Zinserhöhung kostet den Verlust von einer Million Arbeitsplätzen hierzulande. Dass wir faktisch laut Statistik Vollbeschäftigung haben, ist nicht der einzige angenehme Nebeneffekt der lockeren Geldpolitik. Auch die Haushaltsberatungen in vielen Kommunen würden deutlich stressiger verlaufen.

Ich hielte es für hochgradig gefährlich, sollten sich auch hierzulande Politiker in bester Trump-Manier hinstellen und nach dem Motto „Der deutsche Sparer muss wieder mit ordentlichen Zinsen entlohnt werden“ Zinserhöhungen fordern. Auch wenn man damit vielleicht Wähler ködert – langfristig wird dieser Schuss nach hinten losgehen.

Allen, die vom Nikolaus nicht beschenkt wurden, liege ich an dieser Stelle ja schon seit Jahren mit der Empfehlung „Ändert Eure Anlagestrategie!“ in den Ohren. Nicht alles in Aktien, aber wenigstens einen kleinen Teil des Vermögens. In den USA beispielsweise liegt der Anteil der Aktien- beziehungsweise Aktienfondsbesitzer bei 56 Prozent und damit viermal so hoch, wie bei uns.

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Auch wenn Aktionäre in der vergangenen Woche mit 7 Prozent beschenkt wurden, ist das noch lange kein Grund, mit dem Argument „Jetzt ist mir das aber alles zu teuer“ den Einstieg abermals zu verschieben. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Seit 1988 hat der Dax zwar um durchschnittlich 8,7 Prozent pro Jahr zugelegt, in den vergangenen neun Jahren war der Wertzuwachs mit 1,7 Prozent pro Jahr aber alles andere als überragend.

„Das wussten wir doch schon immer, dass Aktien nichts taugen“, sagen vermutlich jetzt all diejenigen, für die das Glas immer halb leer ist. Dort, wo das Glas halbvoll ist, wird jedoch richtigerweise erkannt: Da hat sich ein immenser Nachholbedarf aufgestaut. Insbesondere auch mit Blick auf das Zinsumfeld kann man feststellen, dass so ziemlich alle Anlageklassen – allen voran Immobilien – in den vergangenen zehn Jahren deutliche Wertzuwächse erzielen konnten, nur bei Aktien hielten sich die Zuwächse in Grenzen.

Von daher sei den Aktionären das diesjährige Nikolaus-Geschenk gegönnt. Ich glaube zwar nicht an den Weihnachtsmann. Aber daran, dass man mit Aktien auch in den nächsten 30 Jahren im Schnitt zwischen 7 und 9 Prozent verdienen kann. Der Preis dafür ist, dass der Nikolaus in manchem Jahr die Rute auspackt und es auch mal weh tut. Aber das ist es wert!

Über den Autor: Markus Stillger ist Gründer und Inhaber der Stillger & Stahl Vermögensberatung und der MB Fund Advisory aus Limburg an der Lahn. Für DER FONDS kommentiert er an dieser Stelle ab sofort jeden Monat aktuelle Trends an den Kapitalmärkten und stellt ihnen seine eigene Weltsicht entgegen.

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