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Aktienmärkte: Panik ist fehl am Platz

Stephan Albrech, Albrech & Cie.
Stephan Albrech, Albrech & Cie.
In diesen außergewöhnlichen Zeiten scheint manchmal nur eine Haaresbreite Gut von Böse, Zuversicht von Panik zu trennen. Den Eindruck musste bekommen, wer den jüngsten Ausverkauf an den Aktienmärkten verfolgt hat. Noch kurz zuvor lautete die fröhliche Devise in Dur: „Wir haben weltweit ein hervorragendes Wirtschaftswachstum“.

Eine stabile Konjunktur und hervorragende Unternehmenszahlen untermauerten auf fundamentaler Seite die Stärke des Aktienmarktes, insbesondere des deutschen. Doch schon eine Woche später drang hinter dem Entsetzen die Moll-Tonart durch: „Oje, uns droht wegen der Staatsschulden-Krise eine gewaltige Rezession“.

Tonart-Wechsel ist zu krass

Verzeihung, aber dieser Tonart-Wechsel ist mir zu krass, zu gewaltig – und zu wenig nachvollziehbar. Was war denn passiert? EZB-Chef Jean-Claude Trichet hatte gesagt, dass die konjunkturellen Risiken größer geworden seien. Das aber war seit langem bekannt. Es ist klar, dass die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren nicht mehr mit jenen Raten wachsen kann wie nach dem Einbruch in Folge der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers.

Das Niveau ist mittlerweile eben deutlich höher. Das wiederum bedeutet aber noch nicht, dass die Wirtschaft schrumpfen muss. Es gibt noch etwas dazwischen – aber diese Erkenntnis scheint mancherorts kaum mehr zugänglich zu sein.

Terminbörsen als Motor

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Getrieben werden die Märkte in erster Linie durch die Terminbörsen, an der große Adressen über Futures-Kontrakte die Märkte beeinflussen können und dafür nur einen Teil des dadurch bewegten Kapitals als sogenannte Margin hinterlegen müssen.

Ob die Akteure dort, die prächtig an fallenden Kursen verdienen können, eine eigene Agenda verfolgten, wissen wir nicht. Auf jeden Fall lässt sich in diesem Umfeld mit Gerüchten, etwa über Probleme bei der französischen Großbank Société Générale, die Nervosität „bestens“ anheizen. Und dass daraufhin die Märkte wild hin und her schwanken, könnte sich für den einen oder anderen Marktteilnehmer durchaus gelohnt haben.

Ausgerechnet Staatsanleihen profitieren

Kurios ist meines Erachtens zudem, dass die Staatsanleihen erheblich von der Schwäche der Aktien profitiert haben: So stiegen die Kurse der entsprechenden Kontrakte an den Terminbörsen deutlich an. Für Deutschland wie auch die jüngst im Rating abgestufte USA bedeutet das, dass sie sich zu deutlich günstigeren Konditionen verschulden können als bisher.

Angesichts der Einschätzung, dass der Crash durch die ausufernde Staatsschuldenkrise verursacht wurde, muss dieser politische Profit wohl unter „Ironie der Geschichte“ verbucht werden.

Gold gegen die Verunsicherung

Überhaupt die Politik – sie spielt bei all dem sicherlich keine ruhmreiche Rolle. Statt entschieden zu handeln, verunsichert sie die Finanzmärkte zunehmend mit nicht abgestimmten Äußerungen. Würden sich die Euro-Länder stattdessen auf den Maastricht-Vertrag besinnen und die dort festgeschriebenen Kriterien endlich einhalten, wäre bereits viel gewonnen.

Da dies jedoch illusorisch erscheint, flüchten die Anleger zunehmend in Gold. Denn das Edelmetall dient nicht nur als Inflationsschutz, sondern erweist sich auch in Zeiten großer Verunsicherung als probates Investment.

Im Crash attraktiv bewertete Aktien eingesammelt

So erschreckend und wenig nachvollziehbar die Ereignisse in diesen ersten Augusttagen auch sein mögen – als Vermögensverwalter müssen wir uns den Fakten stellen, die uns die zuweilen hoch irrationalen Finanzmärkte präsentieren. Wir haben die Aktienquote in unseren Portfolien in der vergangenen Woche daher zunächst heruntergefahren.

Als der Dax jedoch an der 6.000-Punkte-Marke kratzte, haben wir einzelne Papiere eingesammelt. Denn solide aufgestellte Gesellschaften mit einer guten Bilanz und hoher Dividendenrendite sind bei diesen Bewertungen wieder kaufenswert – zumal Aktien wie auch Gold als Sachwert gegen eine steigende Inflationsrate schützen.

Staatsanleihen als Cash-Reserve

Unser Anteil von 40 Prozent in sicheren Staatsanleihen dient in erster Linie als Liquiditätsreserve. Die Papiere werden nach und nach verkauft, um das Geld sukzessive in andere Bereiche zu investieren. Anleger sollten sich in den kommenden Wochen darauf gefasst machen, dass die Märkte weiterhin (sehr) volatil bleiben werden.

Der Autor: Stephan Albrech, Vorstand der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung AG, Köln, und einer der Experten von www.vermoegensprofis.de.

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