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in ETFs & IndexfondsLesedauer: 10 Minuten

Analyse eines Trends Auch Smart Beta will gekonnt sein

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1.3 „Smart“ Beta

Eine Ende 2013 lancierte Werbekampagne von Research Affiliates zeigt, wie das Smart-Beta-Thema in die Breite getragen wird. Darin positioniert man es als

1)    investierbare Indizes mit Outperformance als Ziel,
2)    eine regel-basierte, transparente Allokation in ein breites Marktportfolio und
3)    eine kostengünstige Kombination des Besten aus der Aktiv und Passiv-Welt.

Klingt auf den ersten Blick attraktiv. Ein günstiger, transparenter, regel-basierter aktiv/passiv-Hybride mit Chance auf Outperformance. Was will man mehr.

Nun ist gegen ein Isolieren von Risikofaktoren nichts einzuwenden. Sofern sich die Muster ausreichend stabil und signifikant zeigen, lässt sich das Marktportfolio zur Gänze oder in Teilen bewusster und der Portfoliostrategie hin passgenauer darstellen. Doch was kann sich ein Investor von Multi-Factor-Investing versprechen und was wird ihm versprochen?

1.4 Magic Money Tree der Investment-Industrie

Die vielversprechende, undifferenzierte Positionierung des Smart-Beta-Labels ist das Resultat einer langjährigen Debatte über die Vor- und Nachteile von aktivem und passivem Portfoliomanagement.

Wie gezeigt war es über Jahrzehnte üblich, die Performance von Portfolios anhand von Referenzindizes auf Basis von kapitalgewichteten Marktportfolios zu messen. Da nur wenige Portfoliomanager diese Benchmark selbst über kurze Zeiträume zu schlagen im Stande waren, sahen sich die Befürworter der passiven Replikation von Indizes als Default Setting in der Produktauswahl bestätigt. Zu Recht.

Als nach 2008 die Nachteile der kapitalisierungsgewichteten Referenzindizes in der Literatur vermehrt diskutiert wurden, begann die traditionelle Fondsindustrie ihre existierenden Strategien als Abbildungen von investierbaren Risikoprämien zu positionieren. So werden nun selbst konstruierte Faktoren als Smart Beta verkauft und bestehende Indexhugger als Innovation angepriesen.

Das Smart-Beta-Label dient den traditionellen Fondsanbietern als Rettungsanker für ein ansonsten auslaufendes Geschäftsmodell. Diese Intention muss in der Bewertung von Faktoren seitens der Investoren berücksichtigt werden.

1.5 Nachteile kapitalisierungsgewichteter Indizes


Die Nachteile marktkapitalisierungsgewichteter Indizes sind wie oben dargelegt in der Wissenschaft umfangreich dargelegt. Als wesentlicher Nachteil wiegt, dass das Gewicht eines Titels in einem kapitalisierungsgewichteten Index höher wird je teurer der Titel wird – somit klassisches prozyklisches Verhalten.

Investoren setzen damit implizit auf einen Momentum-Ansatz und überproportional stark auf relativ teure Werte. Des Weiteren werden gängige Indizes oftmals von wenigen Schwergewichten dominiert, sodass Klumpenrisiken vorhanden sind und nur ein geringer Diversifikationsgrad im Index umgesetzt ist – oftmals erkennbar auch an sektoralen Ungleichgewichten.

Diese Erkenntnis war die Geburtsstunde der Umsetzungsidee, dass durch eine alternative Gewichtungsmethodik die schwächen traditioneller Indizes gelindert werden können. Waren am Anfang noch einfache Gewichtungsmethoden wie die naive 1/N-Gleichgewichtung untersucht und umgesetzt, so hat sich im Zeitablauf eine Vielzahl von Gewichtungsmethoden wie zum Beispiel das Fundamental Indexing (Gewichtung der Titel nach unterschiedlichen fundamentalen Kennzahlen) oder das Low-Volatility-Indexing (Titel mit niedriger Volatilität werden höher gewichtet) entwickelt. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Smart-Beta-Indizes, das auch dazu geführt hat, dass immer mehr Smart-Beta-Strategien auch investierbar gemacht wurden.

Trotzdem dominiert weiterhin in der Asset-Management-Industrie die Umsetzung der Portfolios beziehungsweise die Zuweisung von Vergleichsbenchmarks mittels kapitalisierungsgewichteter Indizes, auch wenn die Basisannahmen der Effizienzmarkthypothese (Fama,1970) und des CAPM (Sharpe, 1974) in der Zwischenzeit als falsifiziert gelten.

Die schlichte Eleganz der CAPM-Idee, dass es ein einziges optimales Marktportfolio gibt, gekoppelt mit der Schwierigkeit für einen durchschnittlichen aktiven Portfoliomanager Alpha/Outperformance zu generieren, trug zum Siegeszug des passiven Investierens (ETFs) bei.

1.6 Aktiv versus Passiv bei Smart Beta

Wie gezeigt, wird in der Kapitalmarkttheorie mit dem Beta das allgemeine Marktrisiko bezeichnet, mit dessen Inkaufnahme der Investor die Marktrendite erzielen sollte. Dazu investiert er in ein Portfolio von Vermögenswerten, wobei die Gewichtung der einzelnen Titel von ihrem Anteil an der Kapitalisierung des Gesamtmarktes abhängt – der sogenannte kapitalisierungsgewichtete Index.

Alles, was von dieser Art der Gewichtung abweicht, ist im Grunde genommen bereits kein passives Investment mehr, im aktuellen Terminus Smart Beta. Typischerweise nehmen Smart-Beta-Indizes und -Strategien eine Mittelposition zwischen klassischen passiven Anlagevehikeln auf marktkapitalisierungsgewichtete Indizes (ETFs) und aktiv verwalteten Fonds ein, da diese die Abweichung von der Marktkapitalisierung regelbasiert und transparent umsetzen – und nicht abhängig von diskretionären Entscheidungen des Fondsmanagers sind.

1.7 Chance auf Outperformance? Nein.

Der Begriff Outperformance ist klar mit der Bedeutung Alpha belegt. Wie einleitend gezeigt, versuchen Smart-Beta-Produkte über eine andere Zusammensetzung des Marktportfolios temporäre, quantifizierbare Marktmuster, die auf das Marktportfolio wirken, investierbar abzubilden.

Ein Index kann nicht smart sein - höchstens anders.  Bereits Rob Arnott´s RAFI Fundamental Indices gelten als Versuch, breites Markt-Exposure über eine alternative Indexzusammensetzung zu ermöglichen. In seinem Fall über Gewichtungsfaktoren aus der Fundamentalanalyse.

Somit ist eine Unterteilung in Smart oder Dumb Beta ohne Relevanz, weil es lediglich unterschiedliche Versuche gibt, den Markt über repräsentative Marktportfolios und/oder deren temporären, quantifizierbaren Marktmuster investierbar zu machen, wir also über unterschiedliche Betas sprechen.

Ausgehend von einem definierten, repräsentativen Marktportfolio kann nun ein damit im Zusammenhang stehendes Marktmuster an seiner Outperformance gemessen werden. Diese Gruppierung wäre mit der ursprünglichen Definition von Alpha/Beta kongruent.

Smart Beta bietet also keine Chance auf Alpha gegenüber etablierten Referenzindizes, sondern kann eine alternative Form des Betas zum Marktportfolio ermöglichen. Außer man wählt den einfachen Weg wie Towers Watson und definiert Alpha wie folgt: „Monitoring and selection of betas is very important—a form of alpha in itself,“ – Ironie aus. Abseits dieser semantischen Dehnung von Realität ist das Produktversprechen auf Outperformance irreführend und falsch.

Die Differenz zwischen einem marktkapitalisierten Index und einem einen einzigen Faktor isolierenden Index erklärt sich in adaptiv effizienten, also ineffizienten, aber nach Effizienz strebenden Märkten durch ein symmetrisch oder asymmetrisch geformtes, höheres Risiko, dem der Investor ausgesetzt ist. Klassisch über den Beta-Faktor erklärt. Die einzig kongruente Form von Alpha in seiner durch Sharpe etablierten Definition wäre die Outperformance eines Smart Beta Produktes zu seinem alternativen Referenzindex.
Semantische Haarspalterei? Keineswegs. Diese Klarheit trägt signifikant zur Selektion bei, welche Faktoren nun mehr sind als kreative, intellektuelle Turnübungen von Financial Engineers bei Produktanbietern.