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Analyse zu Aktien-Investments Fakten und Fantasien über Dividendenstrategien

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„Zeiten des Nullzinses“ und „Anlagenotstand“

(5) Dividendenaktien primär deswegen ins Portfolio zu nehmen, weil man mit Niedrig-Risiko-Anleihen oder Festgeldern in „Zeiten des Nullzinses“ oder des „Anlagenotstands“ angeblich keine ausreichend hohen laufenden Erträge mehr erwirtschaften könne, zeugt von einem zweifachen Missverständnis: Zum einem übersehen solche Investoren den dramatischen Unterschied im Risikograd der betroffenen beiden Asset-Klassen beziehungsweise dass sie durch den Austausch den Risikograd ihres Portfolios stark erhöhen.

Zum anderen zeigen solche Anleger, dass sie den tatsächlichen, nachhaltigen Ertrag der „risikofreien“ Anlage nie richtig berechnet haben, denn dieser lag über hinreichend lange Zeiträume noch nie nennenswert über null. Das bemerkt jedoch nur, wer Inflation, Steuern und Kosten herausrechnet und kein „Data Mining“ betreibt, also nicht selektiv bestimmte historische Zeiträume herauspickt (Kommer 2016).

(6) Ob man Aktien mit hoher Dividendenrendite und attraktiver Gesamtrendite per „Stock Picking zuverlässig identifizieren kann, steht zu bezweifeln. Erstens, weil wir von hunderten wissenschaftlicher Studien wissen, dass aktives Investieren lediglich Unterrenditen wirklich zuverlässig produziert. Zweitens, weil selbst die Profis einer „führenden“ Fondsgesellschaft hierzulande eine wenig beeindruckende Bilanz mit Stock Picking bei Dividendenaktien vorweisen können.

Die Rede ist vom eingangs erwähnten Aktienfonds, dem DWS Top Dividende – wie der Name schon sagt, ein Fonds mit Dividendenstrategie – der von der DWS (eine Deutschen Bank-Tochter) gemanagt wird. Die Anleger in diesem Fonds sind nur beschränkt zu beneiden, denn sie erzielten in den vergangenen zehn Jahren eine inflationsbereinigte Rendite in Euro von lediglich 4,8 Prozent pro Jahr gegenüber 6,6 Prozent pro Jahr beim MSCI World Standard – ganz ohne Hilfe der Dividendenprofis. [6]

(7) Zu guter Letzt: Einige der weltweit rentabelsten Aktien der vergangenen 40 Jahre haben noch gar nie eine Dividende gezahlt oder haben erst nach Jahrzehnten phänomenaler, allein aus Kursgewinnen gespeister Aktienrenditen begonnen, Dividenden zu zahlen. Hierzu gehören Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google), Facebook und Warren Buffets legendäres Unternehmen Berkshire Hathaway (seit über 50 Jahren ohne Dividende). Ebenso wäre es ein Leichtes, Aktien zu finden, die in einzelnen Jahren oder über lange Zeiträume hinweg hohe Dividendenrenditen aufwiesen bei gleichzeitig besonders schlechten Gesamtrenditen.

Fazit: Eindeutige empirischen Belege für einen systematischen, originären Vorteil von Aktien mit hoher Dividende bei Rendite und/oder Risiko fehlen – jedenfalls, wenn man sich auf statistische Untersuchungen aus der Wissenschaft beschränkt. Auf der Ebene der Sachlogik findet sich ebenfalls wenig Überzeugendes dafür, wie und warum die Übergewichtung von Aktien mit hoher Dividendenrendite in der Zukunft einen zuverlässigen Anlegermehrwert erzeugen soll.

Die tatsächlichen Treiber von Rendite und Risiko bei Aktien haben wenig zu tun mit dem modischen Randaspekt der Dividendenrendite. Dass Privatanleger hohe Dividendenrenditen emotional als besonders anstrebenswert einstufen – statt rational auf die allein relevante Gesamtrendite einer Aktie abzustellen – ist einer der viele kognitiven Anlegerirrtümer, den das Forschungsgebiet Behavioural Finance in den vergangenen Jahrzehnten dokumentiert hat. Fragwürdiges Marketing der Finanzbranche und populistisch-oberflächliche Berichterstattung der Finanzmedien perpetuieren diesen schädlichen Investmentirrtum.

[6] Bei einem MSCI World ETF wären rund 0,3 Prozentpunkte pro Jahr für Laufende Kosten und (geringe) Kauf- und Verkaufskosten zu berücksichtigen gewesen. Beim DWS-Fonds müsste der Ausgabeaufschlag von 5 Prozent von der angegebenen Rendite im Betrachtungszeitraum von 10 Jahren abgezogen werden, also rund 0,5 Prozentpunkt pro Jahr.

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