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Anleiheinvestments Die neue Weltordnung

Salman Ahmed, Global Strategist bei Lombard Odier Investment Managers
Salman Ahmed, Global Strategist bei Lombard Odier Investment Managers
Die Welt hat sich verändert. Die alte Landkarte nutzt nichts mehr, um durch die Welt der Anleihemärkte zu navigieren. Die Straßen haben sich verändert, die Städte haben sich verändert und selbst das Land hat sich verändert – ein Viertel des Territoriums ist eingezäunt und nicht mehr zugänglich. Wie ist das passiert? Einfach ausgedrückt – die Zentralbanken sind, um ihre ökonomischen Bestrebungen zu erfüllen, zu dominanten Spielern an den Anleihemärkten geworden. Für alle anderen ist das ein Problem. Es bedeutet: Sie müssen größere Risiken eingehen, bekommen aber nur unsichere Erträge.

Deshalb ist im Fixed-Income-Bereich ein neuer Ansatz vonnöten. Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass die alten Wege nicht mehr funktionieren. Der zweite ist eine anspruchsvolle Haltung gegenüber der Portfoliokonstruktion. Das Festhalten an der Marktkapitalisierung bringt nicht mehr die Sicherheit, die es einst brachte. Ein neuer Ansatz wird es Investoren aber ermöglichen, sich in der neuen Weltordnung der Anleiheinvestments zurechtzufinden.

Zentralbanken dominieren den Markt

Der Einfluss der Zentralbanken ist außergewöhnlich. Sie halten jetzt im Schnitt 25 Prozent der Staatsanleihen aus den entwickelten Volkswirtschaften, wobei die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Wertpapierkäufe auf Unternehmensanleihen ausdehnt.

Für Ende 2017 wird sogar davon ausgegangenen, dass die EZB 34 Prozent der gesamten deutschen Schulden des öffentlichen Sektors halten wird. Noch 2008 lag diese Zahl bei fast null. Das ist eine massive Veränderung. Und sie wird sich, angesichts der weit verbreiteten Disinflation, die die Notenbanken dazu zwingt, ihre Politik locker zu halten, wohl fortsetzen. Gleichermaßen sind Negativzinsen in einer Reihe großer Volkswirtschaften gekommen, um zu bleiben.

Es wäre aber naiv anzunehmen, dass die weit verbreitete Nutzung der Druckerpresse ein völlig harmloser Prozess ist. Der Status des dominanten Investors bedeutet, dass Zentralbanken die Investment-Performance unverhältnismäßig in Schieflage bringen können, wenn oft auch unbeabsichtigt, und die Navigation durch die Märkte für Investoren erschweren. Die Ergebnisse können erschreckend ausfallen.

Unbeabsichtigte Konsequenzen

In den vergangenen beiden Jahren litten die Anleihemärkte unter etwas, was als Mikro-Liquiditätsunfälle bezeichnet werden kann. In solchen Szenarien hatte der Wechsel von Anleihen in Cash einen übermäßig großen Einfluss auf die Preisfindung am Markt. Mitte 2015 zum Beispiel steckte der Markt für Bundesanleihen fest. Die Renditen schossen von fünf Basispunkten auf über ein Prozent innerhalb von wenigen Tagen nach oben. Lockere Geldpolitik, so scheint es, hat ernsthafte unbeabsichtigte Konsequenzen.

Unserer Ansicht nach gibt es zwei Gründe für diese Unfälle – zunehmendes Herdenverhalten und strengere Regulierung. Herdenverhalten tritt auf, wenn zahlreiche große Investoren ähnliche Positionen halten und diese dadurch die Ergebnisse beeinflussen. Vieles davon kann durch die umfangreiche Nutzung quantitativer Maßnahmen erklärt werden. Zentralbanken ermutigten Investoren, ihre Anleihe-Allokation zu erhöhen – wobei sie oft nach Marktkapitalisierung gewichtete Benchmarks nutzen.

Die Folge: Viele Anleiheinvestoren nehmen unverhältnismäßige Risiken auf sich, ohne dafür angemessen entlohnt zu werden. Die strengere Regulierung der Market Maker hat das Ganze weiter verschärft. Ein starker Rückgang in den Anleihebeständen, die diese halten, schränkt deren Fähigkeit ein, einzuschreiten, wenn sich viele Investoren plötzlich entschließen zu kaufen oder zu verkaufen.

In diesem aktuellen Umfeld kann eine fundamental getriebene Anleihe-Allokation die Anfälligkeit gegenüber Liquiditätsunfällen (die unserer Ansicht nach weiter eintreten werden) reduzieren – und darüber hinaus auch die Anfälligkeit gegenüber möglichen Zinsanhebungen. Vorausgesetzt, sie ist in einen Buy-and-hold-Rahmen implementiert, in dem der Trading-Bedarf auf Eingriffe reduziert ist, die lediglich darauf abzielen, das Ausfallrisiko abzumildern.

Ausloten der Lösungsmöglichkeiten

Es ist wenig sinnvoll, in der Vergangenheit nach Antworten zu suchen. Anstatt Marktkapitalisierungsansätze zu nutzen, sollten Anleger Fundamentaldaten wie den Verschuldungsgrad des Emittenten berücksichtigen. Größe und Qualität müssen ebenfalls bewertet werden. Für die Staatsschuldenquote sind das BIP und die sozialen Entwicklungen entscheidende Kriterien; bei Unternehmensanleihen spielen Ertrag und die Qualität der Aktiva eine Rolle. Aber auch die Liquidität muss Berücksichtigung finden.

Ein robustes Anleihe-Portfolio basierend auf diesen Fundamentaldaten zu bauen, erlaubt es Investoren auf Vermögenswerte zu achten, die ursprünglich als zu riskant angesehen wurden, was jene aus den Emerging Markets mit einschließt. Im aktuellen Umfeld gibt es große Unterschiede bei den Renditen zwischen den Schwellenländern und denen, die von Unternehmen oder Ländern in den entwickelten Teilen der Welt geboten werden. Einfach ausgedrückt: Erstere scheinen mehr Wert für das Geld zu bieten.

Indem man die Bedingungen jedes Emittenten analysiert, ist es möglich, ihn nach seiner Leistung zu beurteilen, anstatt ein pauschales „Emerging-Market“-Label zu verwenden. Dies bietet die Möglichkeit, auf die in diesen Ländern verfügbare Zusatzrendite abzuzielen, während Risiken wie Zahlungsausfälle oder Volatilität abgemildert werden.