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"Anleihekäufe der EZB sind das falsche Signal"

Stephan Albrech
Stephan Albrech
Im Rückblick wird uns der Spätsommer 2012 als Zäsur historischen Ausmaßes erscheinen. Im August und September hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Unabhängigkeit geopfert, um einen Währungsverbund zusammenzuhalten, der rein auf politischem Willen, nicht aber auf ökonomischer Vernunft gründet.

Um die Währungsunion in der bestehenden Form am Leben zu erhalten, erklärte sich die Notenbank bereit, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen und so deren Refinanzierung zu ermöglichen. Damit ist die EZB direkt in die Staatsfinanzierung eingestiegen; das Ziel der Geldwertstabilität rückt nach hinten. Einziger Gegenspieler von EZB-Chef Draghi ist Bundesbank-Präsident Weidmann  - und der muss sich für seine Standhaftigkeit von Finanzminister Schäuble abwatschen lassen.

Politbürokraten manipulieren den Markt

Welche Folgen hat diese Zäsur? Drei Dimensionen sind meines Erachtens besonders zu beachten. Erstens verzerrt der Eingriff die Marktpreise. Die Investoren hatten ihre Gründe, für die Geldleihe an die Krisenländer höhere Zinsen zu verlangen. Die Entscheidung der EZB deckelt nun de facto die Zinsen für diese Länder, auch wenn aus guten Gründen keine Zinsobergrenze benannt wurde. Damit verzerrt die Politbürokratie nicht nur bei der Festsetzung der Leitzinsen, an die wir uns bereits gewöhnt haben, sondern auch auf einem weiteren Feld die Entstehung marktgerechter Preise. Und den Banken gibt diese Marktmanipulation erneut die Möglichkeit, sich ohne großes Risiko eine ordentliche Rendite zu sichern - und zwar, indem diese Staatsanleihen kaufen, deren Kurs durch die EZB-Nachfrage wahrscheinlich steigen wird.

Finanzbranche profitiert erneut vom „moral hazard“

Ermöglicht wird dieser moral hazard der Finanzbranche durch die Haftung vor allem der deutschen Steuerzahler, was uns zur zweiten Dimension bringt. Abseits aller Rettungspakete und Bürgschaften mit einem Volumen von mehreren hundert Milliarden Euro steht der deutsche „Michel“ für ein gutes Viertel der EZB-Bilanz gerade. Das bedeutet: Jeder Euro in einem faulen Wertpapier in der Notenbankbilanz kostet uns gut 25 Cent. Sollten andere Euro-Staaten ausfallen und damit ihren Anteil an der Notenbankbilanz nicht mehr schultern können, wird diese Quote noch ansteigen. In diesem Fall kann die Deutsche Bundesbank auch ihre Verbindlichkeiten gegenüber den betreffenden Euro-Notenbanken in den Wind schreiben, wie Ifo-Chef Sinn mit der in Fachkreisen umstrittenen Target-2-Diskussion verdeutlichte.

Spätestens jetzt raus aus deutschen Staatsanleihen

Die dritte Dimension betrifft uns als Anleger, Schuldner und Konsumenten. Wenn die EZB Staatsanleihen kauft, werden aller Voraussicht nach die Zinsen für neue deutsche Staatsschulden steigen und die Kurse umlaufender Anleihen fallen. Beides zeichnet sich bereits jetzt ab. Wer also auf Kursgewinnen mit Staatsanleihen sitzt, sollte überlegen, ob es nicht an der Zeit sein könnte, diese einzustreichen. Immobilienkäufer müssen sich darauf einstellen, dass die Baugeldzinsen etwas anziehen, wenngleich das Niveau, historisch betrachtet, noch immer niedrig ist.

Sparer und Steuerzahler bezahlen die Spekulationsblase
Wann es zu der vielerorts befürchteten Inflation der Verbraucherpreise kommt, ist unklar. Sicher ist, dass die EZB und ihr US-Pendant Fed mit ihren Milliardenkäufen von Staatsanleihen derzeit  eines versuchen: immer wieder neues Geld in die größte Blase der Weltgeschichte zu pumpen, damit die hoch verschuldeten Staaten sich auf Kosten von Sparern und Steuerzahlern weiterhin refinanzieren können. Gegen die damit verbundene Entwertung ihres Vermögens können sich Anleger nur mit Sachwerten schützen. Qualitätsaktien stehen dabei an vorderster Stelle.

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