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Anleihekäufe EZB gibt Schuldenkrise wieder Zündstoff

Polizei-Aufgebot während einer Demonstration der Blockupy-Bewegung: Die linke Organisation steht auf Kriegsfuß mit der Politik der Europäischen Zentralbank. (Foto: Getty Images)
Polizei-Aufgebot während einer Demonstration der Blockupy-Bewegung: Die linke Organisation steht auf Kriegsfuß mit der Politik der Europäischen Zentralbank. (Foto: Getty Images)
Stellen Sie sich vor, Sie führen ein Unternehmen. Die Zeiten sind schlecht, aber Sie kommen über die Runden. Und jede Woche kommt Ihre Bank vorbei und will Ihnen Geld geben, viel Geld. Damit Sie investieren, Ihr Geschäft ausbauen und neue Risiken eingehen. Dabei gibt das die Geschäftslage gar nicht her. Sie lehnen also ab, aber die Schlipsträger kommen immer wieder vorbei. Irgendwann bewerfen sie Ihre Zentrale mit Geldpaketen, Sie können sich nicht mehr wehren.

Genau das macht die Europäische Zentralbank jetzt mit Banken. Der denkwürdige Tag ist der 22. Januar 2015, an dem das finanzielle Zentralorgan mit seinem Chef Mario Draghi jede noch vorhandene Hemmung fallen lässt. Ab März will es monatlich für 60 Milliarden Euro Anleihen kaufen. Anleihen von Staaten, Unternehmen und europäischen Instituten sowie in Anleihen verschnürte Baukredite, also Mortgage Backed Securities. Die Verkäufer sollen so neu geschaffenes Geld in die Hände bekommen und es als Kredite weiterreichen. Das soll die Wirtschaft ankurbeln und die Inflationsrate zurück in die ersehnte Region von 2 Prozent führen. Zurzeit liegt sie zu niedrig. Angeblich.

„Verstoß gegen Maastricht”

Und wie immer bei einem echten Draghi teilt sich die Finanzwelt in Befürworter und Kritiker. So giftet Degussas Chefvolkswirt Thorsten Polleit: „Die EZB-Entscheidung ist ein Verstoß gegen den Maastricht-Vertrag. Er verbietet der EZB ausdrücklich, die öffentlichen Haushalte zu finanzieren.“ Andere, wie der Londoner Investmentchef von Western Asset, Andrew Belshaw, haben mit den EZB-Maßnahmen kein Problem. Belshaw fordert sogar noch mehr: „Die EZB sollte noch radikaler operieren und etwa ihre eigene Bilanz als Absicherung für Unternehmenskredite verwenden.“

Die einen sagen so, die anderen so. Es ist absolut sinnlos, den Effekt der neuen Maßnahmen vorhersehen zu wollen. In der Pressemitteilung der EZB steht alles im Indikativ, als gäbe es keinen Zweifel. Der Konjunktiv wäre die bessere Wahl. Denn es gibt zu viele Beteiligte, deren Verhalten man nicht einschätzen kann. Das betrifft in erster Linie die Banken. Im Süden Europas tummeln sich sogenannte Zombiebanken, die zwar noch zucken, aber zu neuem Kreditgeschäft nicht mehr in der Lage sind. Ebenso stellt sich die Frage, was die gesunden Banken mit dem Geld von der EZB machen. Vielleicht stecken sie es auch einfach in Aktien. Oder in Anleihen aus den Schwellenländern, für die es immerhin um die 6 Prozent Rendite gibt. Ebenso offen ist es, ob Unternehmen investieren und expandieren wollen. Gibt das der Markt überhaupt her? Wenn man ein Samenkorn in einen trockenen Eimer Sand wirft, wird daraus auch nichts.
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