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Anleihemärkte Auf das Schlimmste gefasst

Andrew Wilson, Leiter für die EMEA-Region bei GSAM
Andrew Wilson, Leiter für die EMEA-Region bei GSAM
Die makroökonomischen Vorzeichen für 2016 haben sich durch die Zinserhöhung der US-Notenbank erheblich verändert. Angesichts einer mäßig wachsenden Weltwirtschaft und unverändert niedriger Inflation dürfte die globale Geldpolitik jedoch weiterhin expansiv bleiben.

Für die Anleihemärkte sind dies eigentlich günstige, wenn nicht sogar förderliche Rahmenbedingungen. Die Bewertungen in einigen Sektoren legen aber nahe, dass die Anleger stärker auf mögliche Worst-Case-Szenarien fokussiert sind – sei es beim Wachstum und der Inflation, den Rohstoffen und Unternehmensanleihen oder bei den Schwellenmärkten und China. All dies sind Gründe zur Besorgnis und potenzielle Volatilitätstreiber. In bestimmten Bereichen sehen wir jedoch weiterhin Investmentchancen.

Geldpolitische Divergenz und die Grenzen des QE

Die geldpolitische Divergenz der Notenbanken nimmt weiter zu und sorgt für Unsicherheit. Drehte sich 2015 noch alles um die erste Zinserhöhung der Fed, machen sich die Anleger nun Sorgen, ob die Wirtschaft den Anstieg überhaupt verkraften kann. Derzeit preisen die US-Zinsmärkte einen flacheren Zinsstraffungspfad ein, als es die Prognosen der Fed – und unsere Schätzung – nahelegen. Daher schließen wir jetzt noch nicht aus, dass die Fed im Laufe des Jahres drei weitere Zinserhöhungen vornimmt, sollte die Inflation wie erwartet anziehen und sich die allgemeine Wirtschaftslage nicht verschärfen. Ansonsten könnten es aber auch zwei oder nur eine Zinserhöhung werden.

Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich der Fokus jedoch auf die Geldpolitik außerhalb der USA verlagern. Das unendliche Quantitative Easing (QE) gestaltet sich als schwierig, da die Inflation in der Eurozone und in Japan bisher kaum auf die massive Ausweitung der Zentralbankbilanzen reagiert. Ein Ende des QE ist 2016 somit kaum zu erwarten, wodurch mit höherer Volatilität zu rechen ist. Allerdings werden auch zunehmend alternative Maßnahmen in Betracht gezogen. Die Europäische Zentralbank kann ihren Einlagenzins nochmals senken, wohingegen der Bank of Japan nur noch begrenzt Alternativen offenstehen und sich der Schwerpunkt auf Staatsausgaben sowie Unternehmensreformen verlagern dürfte.

Rohstoffe bleiben noch länger unter Druck

Der Abschwung der Rohstoffpreise scheint nicht allzu bald nachzulassen. Das globale Überangebot übt auch künftig seine Schwerkraft auf die Industrierohstoffe aus und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Preise noch weiter nachgeben. Eine regulierende Wirkung voller Lager bleibt wohl derzeit mehr Wunsch als Realität. Angesichts dieser Aussichten sehen wir unsere kurzfristig bearishe Einschätzung zum globalen Rohölpreis bestätigt.

Bei den Industriemetallen steht das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage mehr im direkten Zusammenhang mit Chinas Wachstumsverlangsamung. Dort werden 40-50 Prozent der globalen Nachfrage nach Basismetallen erzeugt. Auf der Angebotsseite wird es nicht so schnell zu einer Korrektur kommen, da die Marktpreise für Industriemetalle in vielen Fällen noch über den Produktionskosten liegen. Wir bleiben daher für Basismetalle weiter vorsichtig.

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