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Anleihenbewertung jenseits herkömmlicher Kreditratings

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Um die Übernahme durch einen Finanzinvestor zu verhindern, hat die Hansestadt Hamburg erst Ende März 2012 ihre Beteiligung an der weltweit fünftgrößten Containerreederei für 420 Mio. Euro von 23,6 auf 36,9 Prozent erhöht und die TUI AG als größten Einzelaktionär abgelöst. Gleichzeitig stockte der Hamburger Geschäftsmann Klaus-Michael Kühne (Kühne + Nagel), der in der Forbes-Liste der reichsten Deutschen auf Platz sieben geführt wird und der Hansestadt eng verbunden ist, seinen Anteil um 3,6 auf 28,2 Prozent auf. Ein stärkeres Commitment des Logistikunternehmers, wie auch des Hamburger Senats zu Hapag-Lloyd kann es wohl kaum geben. Beide Parteien hätten im Falle einer Schieflage oder gar einer Insolvenz der Reederei schließlich mit enormen Imageproblemen und einem erheblichen Ansehensverlust zu kämpfen. Im Zweifelfall wäre deshalb wohl eher mit einer weiteren Geldspritze zu rechnen.

Worst-Case-Betrachtung

Eine Sonderrolle nimmt schließlich die Worst-Case-Betrachtung ein. Dabei geht es vor allem darum, wie viele Zinskupons vor einem möglichen Ausfall wohl noch mindestens zur Auszahlung kommen werden und natürlich um die Abschätzung der Recovery Rate (Verwertungsquote im Konkursfall). Ergeben sich hier hohe Erwartungswerte, können dadurch durchaus Defizite an anderer Stelle ausgeglichen werden. So fallen etwa bei der Kion Group, in der die Linde AG ihre drei Gabelstaplermarken Linde, STILL und OM vor der Ausgliederung gebündelt hat, sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Faktoren verhältnismäßig schlecht aus.

Dafür ist die bis 2018 laufende Anleihe (WKN: A1GP2E) allerdings insofern relativ gut besichert, als sie sich bezüglich der Rangstellung auf derselben Ebene befindet wie die Bankverbindlichkeiten des Konzerns. Bei Kursen unter 80 Prozent kann sie deshalb durchaus interessant sein (aktueller Kurs: 93 Prozent). Von der Forderungsreihenfolge her ähnlich stellt sich die Situation bei den Schaeffler-Anleihen (WKN: A1G0J3 und A1G0J5) dar. Bei diesen Papieren dient zudem noch der 36,1-Prozent-Anteil an Continental, den die Schaeffler AG über eine hundertprozentige Tochtergesellschaft hält, als Sicherheit. Dabei führt die Besicherung nicht nur zu einer hohen Recovery Rate, sondern sie erhöht gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es soweit erst gar nicht kommen wird.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Fakten sehen wir auch im aktuellen Umfeld selektiv interessante Investmentmöglichkeiten in Unternehmensanleihen – jedoch ist die Einzelbewertung entscheidend. Ein  rein quantitativer oder ein passiver Ansatz (ETF) ist unserer Meinung nach der falsche Ansatz im aktuellen Marktumfeld.

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