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in Asien ex-JapanLesedauer: 4 Minuten

Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner Realwirtschaftlicher Riese gerät aus dem Gleichgewicht

Martin Hüfner, Assenagon

Der bekannte amerikanische Währungsexperte Barry Eichengreen hat einmal eine interessante Geschichte zur Entwicklung des US-Dollars erzählt. Vor etwas mehr als 100 Jahren, zu Beginn des ersten Weltkrieges, waren die Amerikaner die größte und bedeutendste Handelsnation der Welt. Keiner konnte Ihnen das Wasser reichen. Ihre Produkte wurden überall gefragt.

Und wie wurde der Handel finanziert? Nicht wie man erwarten würde in US-Dollar, sondern vornehmlich in Britischen Pfund. Selbst die amerikanischen Unternehmen wickelten ihre Zahlungen über das schon damals dominierende Finanzzentrum London ab. Sterling war die Schlüsselwährung der Welt. Der Greenback fristete ein Schattendasein. Auch der Kapitalverkehr vollzog sich weitgehend in Pfund Sterling.

Der größte Exporteur der Welt

Kommt Ihnen das bekannt vor? Richtig. Es ist eine ähnliche Situation wie die, in der sich heute die Volksrepublik China befindet. Sie ist bei weitem der größte Exporteur der Welt. Sie ist die zweitgrößte Volkswirtschaft auf der Erde. Sie hat die größten Währungsreserven von allen Ländern.

Seit zwei Jahren gehört seine Währung offiziell zu den fünf Reservewährungen der Welt. Aber tatsächlich spielt sie keine Rolle. Von den globalen Währungsreserven werden weniger als 1 Prozent in Renminbi gehalten, verglichen mit 63 Prozent in US-Dollar oder 23 Prozent in Euro.

»China ist realwirtschaftlich ein Riese, aber monetär ein Zwerg. Das ist ein gewaltiges Ungleichgewicht.«

Bei der reinen Außenhandelsfinanzierung sieht es etwas besser aus. 16 Prozent der chinesischen Exporte werden heute in Renminbi fakturiert. Aber wenn man den Welthandel insgesamt nimmt, dann kommt man auch hier nur auf einen Anteil von knapp 2 Prozent, der in Renminbi abgewickelt wird. Die regionalen Clearing-Stellen, die in den letzten Jahren in vielen Städten (auch in Frankfurt) mit viel Verve aufgebaut wurden, haben die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt.

Es gibt also eine Diskrepanz zwischen der realwirtschaftlichen Bedeutung Chinas in der Welt und der Rolle, die die chinesische Währung in der Finanzwelt spielt. China ist realwirtschaftlich ein Riese, aber monetär ein Zwerg. Das ist ein gewaltiges Ungleichgewicht.

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Das Auf und Ab des Renminbis

Renminbi pro USD

Quelle: Fred Grafik: Assenagon

Kann das so bleiben? Vor hundert Jahren hat sich das im Fall der USA schnell geändert. Schon zehn Jahre nach Ausbruch des ersten Weltkrieges hatte der Greenback das Pfund Sterling in allen Bereichen überholt. Es wurde mehr Handel in US-Dollar fakturiert als in Pfund. Der Anteil des US-Dollar an den Weltwährungsreserven war höher als der in Pfund. Der US-Dollar war mit einem Mal die Schlüsselwährung der Welt geworden. Das Pfund hat sich nie wieder richtig erholt.

Ich vermute, in China gibt es nichts, was sich die Verantwortlichen mehr wünschten als so eine Entwicklung auch bei ihnen. Die geringe Bedeutung des Renminbis kratzt an ihrem Selbstverständnis. Sie ist ein Makel für ein so stolzes und statusbewusstes Volk. Sie möchten auch in monetärer Hinsicht auf Augenhöhe mit den USA sein.

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