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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner „Die demografischen Belastungen werden nicht so schlimm wie befürchtet“

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Dass es neben den Älteren jetzt auch mehr Junge gibt, ist erfreulich. Es mildert die negativen Effekte der demografischen Alterung. Die Bevölkerungszahl wird nicht so stark zurückgehen. Wir brauchen weniger Einwanderer. Das Wachstum wird sich nicht so stark verlangsamen. Es kommt neue Dynamik in die Gesellschaft. Die Innovationskraft der Unternehmen verbessert sich. Damit könnte auch die Produktivität wieder stärker zunehmen. Die Belastungen der Sozialversicherungen werden geringer, wenn es mehr Beitragszahler gibt. Am Kapitalmarkt müssen die Zinsen nicht ewig so niedrig bleiben, wenn es mehr Wachstum gibt.

Andererseits sollten wir uns nicht die Illusionen machen, dass damit alle Probleme der Alterung gelöst wären. Manches wird zwar leichter, manches aber auch schwerer.

Erstens dauert es 20 und mehr Jahre bis die jetzt Geborenen in das Berufsleben einsteigen und zum Sozialprodukt beitragen können. Jetzt erhöhen sie das Wachstum nur von der Nachfrageseite, aber nicht vom Angebot.

Zweitens ist kaum zu erwarten, dass die Geburtenziffer bis auf das Niveau steigt, das für eine vollständige Reproduktion der Bevölkerung erforderlich wäre. Das wären rechnerisch 2,1 Kinder pro Frau. So stark ist der Kinderwunsch trotz aller Verbesserungen in der Arbeitswelt nicht. Es gibt innerhalb der OECD-Länder nur ganz wenige Staaten, die eine Geburtenziffer von 2,1 oder mehr haben (etwa Israel). Das bedeutet, dass die Bevölkerungszahlen trotz höherer Geburtenziffern weiter zurückgehen werden.

Drittens wird die Solidarität der Gesellschaft in Zukunft noch stärker strapaziert. Die Menschen im erwerbsfähigen Alter müssen nicht nur die wachsende Zahl der Älteren unterhalten (was ohnehin schwer wird, wenn die Babyboomer-Generation in Rente geht). Sie müssen darüber hinaus auch für die zunehmende Zahl der Kinder sorgen. Sie sind gewissermaßen die "Sandwich-Generation", die sowohl von den Jüngeren als auch von den Älteren in Anspruch genommen wird.

Bereits heute liegt der Abhängigkeitskoeffizient (Gesamtzahl der "Inaktiven" relativ zur Gesamtzahl derer im erwerbsfähigen Alter) bei 52 Prozent. Das heißt: Je zwei Erwerbsfähige müssen für eine inaktive Person sorgen. Darüber hinaus müssen sie bei den niedrigen Zinsen auch noch Geld für ihr eigenes Alter zurücklegen. 

Viertens: Die steigenden Geburtenzahlen erfordern hohen Investitionsbedarf bei Kindertagesstätten, Schulen und weiterbildenden Institutionen. Sie machen die ohnehin anstehende Bildungsaufgabe der Gesellschaft noch schwieriger.

Für den Anleger

Die demografischen Belastungen, von denen derzeit immer die Rede ist, werden nicht so schlimm wie befürchtet. Das stärkt das Wachstum, erfordert mehr Investitionen und verringert die gesamtwirtschaftliche Ersparnis. Das hilft den Aktien. Zinsen müssten eher steigen. Allerdings dauert es noch eine Zeit, bis die neuen Trends wirksam werden.

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