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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner „Die neue Weltordnung ändert die Regeln an den Devisenmärkten“

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Auch ökonomisch ist die Welt komplizierter geworden. Man darf nicht mehr nur auf Wachstum und Zinsen schauen. Es gibt heute tausend andere Argumente, weshalb der US-Dollar nicht stärker, sondern schwächer werden sollte. Hier nur ein paar Beispiele. Die Staatsverschuldung und das öffentliche Defizit in den USA sind inzwischen höher als im Euroraum. Das Budget wird damit stärker belastet, wenn die Zinsen steigen. Das schreckt manchen Investor ab. Die Leistungsbilanz der USA weist ein riesiges Defizit auf, das zuletzt sogar noch gestiegen sein dürfte. Die Europäer haben dagegen – nicht nur wegen der Deutschen – einen Überschuss in den laufenden Posten.

Die Europäische Zentralbank fängt an, sich von der ultralockeren Geldpolitik zu verabschieden. Die Leitzinsen werden zwar noch eine Weile niedrig bleiben. Die Kapitalmarktrenditen aber gehen schon nach oben. Die Eurokrise, die die Gemeinschaftswährung lange Zeit belastet hat, nähert sich dem Ende. In den USA gibt es einen Präsidenten, der schwer zu kalkulieren ist. Niemand will hier gerne auf dem falschen Fuß erwischt werden. Die Zentralbanken der Welt sind dabei, ihre Währungsreserven breiter zu diversifizieren. Sie verkaufen Dollar. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass mit dem Chinesischen Renminbi ein neuer Stern am Währungshimmel aufgetaucht ist, der in den kommenden Jahren zunehmend eine Rolle spielen wird. Das wird auch zu Lasten des Dollars gehen.

"Die Dollar-Bullen haben unrecht"

Noch ein Argument auf ganz anderer Ebene. Der Dollar ist auch bei Kursen von 1,24 keineswegs unterbewertet. Wenn man sich die langfristige Entwicklung des Euro/US-Dollar-Kurses anschaut (siehe Grafik), dann sieht man, wie die amerikanische Währung erst langsam aus der Phase der Überbewertung herauskommt. Wenn sich diese Entwicklung wie in früheren Zyklen fortsetzt, dann hätte der Dollar noch eine lange Zeit der Abwertung vor sich. Im letzten Zyklus ging es – Gott bewahre – bis zu 1,60 US-Dollar je Euro. Das ist natürlich keine Prognose.

Wenn man all das zusammennimmt, dann spricht vieles dafür, dass die Dollar-Bullen nicht recht haben, sondern dass der Dollar eher schwächer wird. Für die Wirtschaft der Eurozone sieht das kurzfristig nicht gut aus. Es könnte das Wachstum dämpfen. Ich habe aber schon oft darauf hingewiesen, dass eine starke Währung nicht zwangsläufig etwas Schlechtes ist. Sie zwingt die Unternehmen, sich besonders ins Zeug zu legen, um trotzdem wettbewerbsfähig zu bleiben. Die deutsche Exportwirtschaft war noch nie so gut wie in der Zeit als die D-Mark permanent aufwertete. Die Stärke der Schweiz heute beruht zu einem großen Teil darauf, dass sie die Aufwertung des Franken durch extreme Exportanstrengungen wettmachte.

Für den Anleger

Im letzten Jahr haben Europäer von der guten Entwicklung der amerikanischen Börsen kaum profitieren können, weil sich der Euro um 14 % aufwertete. In diesem Jahr könnten die US-Aktien wieder attraktiv sein. Passen Sie auf, dass Ihnen dann nicht wieder dasselbe passiert.

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