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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner Stehen die Schwellenländer vor einem Umschwung?

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Hinzu kommt aber noch etwas anderes. Wir alle wissen, dass die Welt in raueres Fahrwasser gekommen ist. Die Risiken sind gestiegen. Das trifft natürlich alle Staaten. Erfahrungsgemäß leiden die Schwellen- und Entwicklungsländer darunter aber stärker als die Industrieländer.

Die Industrieländer ziehen beispielsweise die Zügel der Geldpolitik an. Das ist im Hinblick auf die gute Konjunktur und möglicherweise drohender Inflationsgefahren bei ihnen gerechtfertigt. Ihre Volkswirtschaften halten das auch aus. Schwellen- und Entwicklungsländer haben damit aber Probleme. Sie müssen die Geldpolitik ebenfalls restriktiver fahren, auch wenn das konjunkturell nicht angezeigt ist. Zudem steigt der Schuldendienst. Das trifft vor allem Unternehmen in den Schwellen- und Entwicklungsländern, die in den letzten Jahren besonders viel Geld aufgenommen haben.

Protektionismus betrifft Schwellenländer stärker

Kritisch wird es, wenn sich gleichzeitig der US-Dollar verteuert. Im Augenblick ist das noch nicht der Fall. Wenn es aber dazu kommen sollte, dann steigt der Schuldendienst auch aus Wechselkursgründen, denn ein Großteil der Verschuldung der Dritten Welt findet in Fremdwährung statt, insbesondere in Dollar. Das ähnelt der Situation in der großen Schuldenkrise der 80er Jahre. Problematisch ist dabei, dass die Federal Reserve aufgrund ihres gesetzlichen Mandates die Probleme der Dritten Welt nicht in ihre zinspolitischen Entscheidungen einfließen lassen kann.

Auch die zunehmenden protektionistischen Gefahren treffen viele Emerging Markets stärker. Bei ihnen geht es nicht nur darum, dass das Wachstum vielleicht etwas niedriger und die Inflation etwas höher ist. Sie werden zum Teil von entscheidenden Einnahmenquellen abgeschnitten. Das kann ihren Lebensnerv treffen, zumal sich internationale Investoren dann mit Kapitalflüssen in die Dritte Welt zurückhalten.

Die höheren Ölpreise helfen zwar den Ölförderländern. Andererseits sind die Ölimporteure in der Dritten Welt wegen des niedrigen Lebensstandards der Bevölkerung besonders stark betroffen. Regierungen sind zum Teil gezwungen, Benzin zu subventionieren, was dann die öffentlichen Haushalte belastet und die Verschuldung nach oben treibt.

Bisher ist das für die Welt insgesamt noch nicht lebensgefährlich. Vor allem gibt es keine Ansteckungseffekte. Das kann sich jedoch ändern, wenn sich die Makro-Probleme verschärfen. Da muss man aufpassen.

Für den Anleger

Lange Zeit habe ich Schwellen- und Entwicklungsländer als Hedge gegen die Risiken in den Industrieländern empfohlen. Jetzt werde ich hier vorsichtiger. Es sieht zwar nicht nach dem Gau einer globalen Schuldenkrise aus. Die Attraktion dieser Länder hat aber abgenommen. Andererseits sollte man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Es gibt immer noch Regionen, die vielversprechend sind. Ich denke etwa an Indien mit Wachstumsraten von über 7 Prozent oder Russland, das trotz der Sanktionen die Rezession erfolgreich überwunden hat. Auch andere Länder werden sich wieder erholen. Der "All Country"-Index (der sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer enthält) entwickelt sich immer noch ordentlich.

 

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