LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in WährungenLesedauer: 4 Minuten

Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner „Nicht die Löhne, sondern ein anderer Faktor befeuert die Inflation“

Seite 2 / 2

Darüber hinaus hat sich der Zusammenhang zwischen Löhnen und Preisen gelockert. Unternehmen wie Airbnb, Uber oder Amazon erzwingen unabhängig von allen Gegebenheiten bei den Löhnen drastische Preissenkungen auf den Märkten. Die Konkurrenz der Billiglohnländer in Südostasien und Afrika ist noch härter geworden und hindert die Unternehmen, Kostensteigerungen auf die Abnehmer zu überwälzen.

All das ist gut für die Stabilität. Es wird auch in Zukunft keine so großen Preissteigerungen wie früher geben. Es sollte aber nicht glauben lassen, in der Volkswirtschaft sei alles in Ordnung und die Inflation sei tot. Es gibt nach wie vor zyklische Ungleichgewichte. Sie zeigen sich nur nicht mehr so sehr bei den Löhnen. Wohl aber zum Beispiel an den Rohstoffmärkten. Hier gibt es derzeit einen erheblichen Nachfrageüberhang mit entsprechenden Preissteigerungen.

Das ist besonders krass beim Ölpreis. Er hat sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt. Er liegt jetzt wieder bei knapp USD 70 je Barrel und damit auf dem Niveau wie zuletzt 2014. Aber auch bei anderen Rohstoffen gibt es massive Verteuerungen. Der Preis für Kupfer ist in den letzten 24 Monaten um 60 % geradezu nach oben geschossen. Aluminium ist um 45 % teurer geworden. Der Rohstoffindex S&P GSCI, der eine Reihe wichtiger Rohstoffe enthält, ist um 50 % gestiegen. Das sind keine vorübergehenden Ausreißer aufgrund von politischen Faktoren (wie das zum Teil beim Öl der Fall ist). Es ist vielmehr ein klarer Trend. Dahinter steht die steigende Nachfrage aufgrund der guten Weltkonjunktur. Das wird so weitergehen, solange der globale Aufschwung anhält.

Es ist nicht vorstellbar, dass das auf Dauer keinen Einfluss auf die Inflation haben sollte. Natürlich sind die Rohstoffpreise für die Volkswirtschaft nicht so wichtig wie die Löhne. In Deutschland machen die Rohstoffimporte nur etwas mehr als 2 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Wenn man die indirekten Effekte (über die Verteuerung anderer Importgüter durch die höheren Rohstoffpreise) hinzurechnet, kommt man zwar auf höhere Werte, sie sind aber immer noch vergleichsweise gering. Was den Rohstoffen an quantitativer Bedeutung fehlt, machen sie allerdings durch die exorbitant hohen Preissteigerungen wett.

Die Grafik zeigt am Beispiel von Kupfer, wie die hohen Rohstoffpreise 2008 und dann wieder 2011 die generelle Inflationsrate nach oben gezogen haben. Auch die Zunahme der Geldentwertung in den letzten Monaten hat etwas mit den Rohstoffpreisen zu tun. Ich vermute, dass das im weiteren Verlauf des Jahres so weitergeht. Wir werden spätestens ab Mitte des Jahres höhere Preissteigerungen bekommen als bisher vermutet. Die Inflationsrate im Euroraum wird dann voraussichtlich bei 2 % oder darüber liegen.

Manche wenden ein, das sei gar keine richtige Inflation. Sie ist nicht hausgemacht. Die "Kerninflation" (ohne Energie und Nahrungsmittel) steige nicht an. Das ist aber nicht überzeugend. Für die Kaufkraft der Verbraucher und für den Ertrag der Kapitalanleger ist es gleichgültig, woher die Preissteigerung kommt. Wichtig ist nur, dass die Preise steigen.

Für den Anleger

Gehen Sie davon aus, dass die Geldentwertung wegen der Rohstoffpreise auch bei anhaltend niedrigen Lohnsteigerungen zunehmen wird. Anleger können davon durch Anlagen in Rohstoffwerte profitieren. Höhere Unternehmensgewinne könnten den Aktien helfen. Auf Dauer werden die Zentralbanken aber darauf reagieren müssen. Es wird an den Märkten zu höheren Zinsen kommen. Die Nervosität, die derzeit bei Bondspreisen zu spüren ist, ist nicht ungerechtfertigt.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion