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Aktualisiert am 05.10.2016 - 10:15 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 7 Minuten

Auszüge aus der Göker-Biographie Teil 4 Mehmet Göker: „In der Krise habe ich mein Gehalt auf 30.000 Euro im Monat herabgesetzt“

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(…) Ich investierte inzwischen 1,5 Millionen Euro in Datensätze. Meine eigene Service-Firma produzierte täglich zwischen 400 und 500 Leads zum Selbstkostenpreis von 30 Euro netto. Mit Mehrwertsteuer also 35,70. Die gab ich eins zu eins zu diesem Preis an die Mitarbeiter weiter. Das Online-Geschäft gestaltete sich immer schwieriger, der Markt war umkämpft. In der Spitze zahlte ich für diese Online-Leads bis zu 140 Euro, was, gemessen an späteren Preisen, ein Zuckerschlecken war, mir aber damals horrend viel vorkam.

So kamen die 1,5 Millionen Euro für Leads zusammen. Im Sommer 2009 hatte ich einen Fixkosten-Apparat von vier Millionen Euro und handelte mit allen Lead-Lieferanten neue Preise aus. (…) Ich habe übrigens in der Krise mein Gehalt von 120.000 auf 30.000 monatlich herabgesetzt – war nicht einfach mit 30.000 Euro im Monat zu leben ;).

(…) Die Fixkosten blieben trotz der Einsparungen hoch, die Einnahmen sanken. Ende August hatten wir wieder eine Vorstandssitzung. Ich sprach vor den acht Vorständen die Missstände an. „Daran seid Ihr schuld“, habe ich ihnen gesagt, „Ihr habt diese Scheiße hier hineingebracht. Aber der Oberschuldige bin ich, denn ich habe Euch eingestellt und nicht gestoppt, als diese Scheiße anfing. Ich habe Euch bestimmt hundert Mal gesagt, wie Ihr es richtig machen sollt, aber Ihr habt nicht einmal auf mich gehört. Eure Schuld? Nein – meine! Ich hatte Euch viel eher von Euren Aufgaben entbinden müssen. Hab ichs getan? Nein! deshalb ziehe ich heute die Konsequenzen und trete vom Posten des Vorstandsvorsitzenden zurück. Ich war bereits beim Notar, der Aufsichtsrat ist informiert. Meine Entscheidung steht fest! Heute um 16 Uhr werde ich bei einer außerordentlichen Mitarbeiterversammlung meinen Rucktritt erklären.“

Und dann habe ich die Herren reihum angeschaut. Da spiegelten sich die verschiedensten Gefühle auf den Gesichtern: Schrecken, Angst, aber auch Genugtuung. Und wieder kam die komplette Führung zusammen, und da habe ich erlebt, was ich kaum glauben konnte. Gut die Hälfte war außer sich. Gestandene Männer haben geweint.

(…) Die Tatsache, dass kein Neugeschäft mehr stattfand, die Stornos in die Höhe schnellten und die Mitarbeiter zutiefst verunsichert waren, kostete die MEG tagtäglich etwa 250.000 Euro. Die Kosten blieben, der Geldfluss versiegte, das Minus-Loch wuchs. Wir einigten uns darauf, die MEG an die Aragon zu verkaufen. Die AXA war zu der Zeit mit 25 Prozent an der Aragon beteiligt. Die AXA sagte: Um die MEG zu retten, müssen sechs Millionen in das Unternehmen gepumpt werden.

Dieses Geld sollte die Aragon AG Wiesbaden stellen. Das stellte für die Aragon aber kein Risiko dar, weil die AXA als Bürge diese sechs Millionen bei einer Bank besichern wurde. Sollte die MEG-Rettung misslingen, hatte der Deal die Aragon nichts gekostet. Denn dann käme die Sicherheitsbürgschaft der AXA zum Tragen. Sollte die Rettung gelingen, hat es keinen was gekostet.
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