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Beipackzettel für Fonds: Warum das neue Risikomaß im KIID übersteuert

Die neuen Produktinformationsblätter für Fonds (KIIDs) sind wegen<br>ihres eindimensionalen Risikomaßes umstritten.
Die neuen Produktinformationsblätter für Fonds (KIIDs) sind wegen
ihres eindimensionalen Risikomaßes umstritten.
Die seit 1. Juli eingeführten neuen Beipackzettel zu Investmentfonds fassen kurz (auf maximal zwei Seiten) und allgemeinverständlich (durch klare Klassifizierungen) nach einheitlichen Standards und Messmethoden angefertigte Informationen über Fonds zusammen.

Das ist begrüßenswert. Natürlich gibt es, wenn über ganz Europa eine einheitliche Methode zur Erfassung von Risiken bei Finanzanlagen eingeführt wird, an der einen oder anderen Stelle Korrekturbedarf. 

SRRI nachjustieren

Die Notwendigkeit zu Änderungen sehe ich nach ersten Erfahrungen mit der neuen siebenstelligen Skala zur Einordnung des Risiko- Ertragsprofils. Dieses Maß SRRI (Synthetic Risk Reward Indicator) zeigt die durchschnittliche jährliche Schwankungsbreite der Fonds auf Basis der wöchentlichen oder monatlichen Kursschwankungen der letzten fünf Jahre an.

In der niedrigsten Risikoklasse 1 dürfen demnach nur Produkte sein, deren jährliche Renditeschwankung nicht mehr als 0,5 Prozent ausmacht.

Systeme müssen auch in der Krise Orientierung bieten

Schon vor einigen Monaten hatten Fondsanalysten von Morningstar darauf aufmerksam gemacht, dass Risiken von Fonds je nach Marktphase in ganz unterschiedliche Risikoklassen eingeordnet werden. Sie hatten damals zur Diskussion gestellt, ob man die Risikoklassen nicht selbst mit der Marktphase „atmen“ lassen sollte.

Man könnte gegen einen solchen Vorschlag einwenden, dass Anleger wissen wollen, wie hoch die absolute Verlustgefahr ihrer Anlage ist. Aber welche Orientierung kann ein Risikomaß bieten, das in Krisenzeiten alle Anlagen über einen Kamm schert?

2008 fanden sich deutsche Aktien (MSCI Germany) in der höchsten Risikostufe wieder, waren also mit Hedgefonds und den spekulativsten Fremdwährungsinvestments in einem Boot. Andererseits fanden Anleger, die sich nach der Risikoeinteilung orientierten, nicht einmal im Dreimonatsgeld (Libor) eine sichere Anlage.

Wahres Risikopotenzial wird nicht angezeigt

Musikfreunde kennen die Übersteuerung bei Aufnahmen. Da wird ein Sensor so scharf eingestellt, dass schon kleine Impulse zum Vollausschlag führen. Wenn der Pegel bei einer Aufnahme aber nur am Anschlag ist, verliert er seine Funktion, die Intensität einkommender Signale differenziert anzuzeigen.

Das neue Risikomaß SRRI droht schon für normale Zeiten zu übersteuern. Ein Maß, dass einen breit diversifizierten Dachfonds in die Risikostufe sechs einordnet, gibt die wahren Risikopotenziale der Anlageklassen nicht wider.

Sicher, Regulierer müssen sich davor hüten, die Welt der Finanzanlagen zu rosig darzustellen. Wenn aber eine Klassifizierung nur daraufhin eingestellt wird, selbst nicht angreifbar zu sein, dann hat die gute Idee ihren Sinn auch verloren.

Zum Autor: Bernd Hashemian ist Vorstand der Kroos Vermögensverwaltungs AG in Münster und einer der Experten von www.vermoegensprofis.de.

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