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Anhörung: „Grauer Kapitalmarkt“ steht vor Regulierung

Quelle: Fotolia
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Am drittletzten Tag der aktuellen Legislaturperiode hatte der Finanzausschuss auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne 18 Experten eingeladen, um sich über Regulierungsmaßnahmen den sogenannten unregulierten grauen Kapitalmarkt betreffend zu informieren. Während Einigkeit darüber bestand, dass eine Regulierung eingeführt werden sollte, zeigten sich bei der Frage des „Wie?“ deutliche Unterschiede zwischen Anlegerschutzanwälten und Verbraucherzentralen einerseits sowie den Verbänden der Branche andererseits. Ausschussvorsitzender Eduard Oswald (CSU) betonte, dass dieses Thema in jedem Fall auch nach der Bundestagswahl im September mit Nachdruck weiterverfolgt werde. Der graue Kapitalmarkt sei für Anleger viel gefährlicher als der Wertpapiermarkt, erklärte Rechtsanwalt Peter Mattil, der geschädigte Anleger vertritt. Anteile an geschlossenen Fonds würden im Immobilien-, Medien- und Energiebereich verkauft. Hinzu kämen Genussrechte und stille Beteiligungen, die als „sichere Kapitalanlage“ und Ergänzung der Altersvorsorge angeboten würden. Der Rechtsexperte wies darauf hin, dass Anlegern nicht nur der Totalverlust ihrer Gelder drohen könne. Beim Einstieg in eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GbR) hafte der Anleger sogar mit seinem gesamten Vermögen. Laut Mattil wüssten viele Berater nicht, welche Risiken für die Kunden damit verbunden seien. KWG-Lizenz für geschlossene Fonds gefordert Mattil forderte wie andere Sachverständige eine Ausbildung und Prüfung der Berater, die zudem eine Erlaubnis für ihre Tätigkeit haben müssten. Die Produkte des grauen Kapitalmarktes müssten in den Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes (KWG) und des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) einbezogen werden. Die Regulierung der bisher von der Finanzmarktrichtlinie Mifid nicht erfassten Anlageformen Geschlossene Fonds und Investmentfonds ist erklärtes Ziel des Verbraucherschutzministeriums, das im Dezember 2008 eine Studie zur mangelhaften Beratungsqualität im Finanzdienstleistungsbereich herausgegeben hatte (DAS INVESTMENT.com berichtete). Zu diesem Themenkomplex hatte bereits im Frühjahr eine Experten-Anhörung im Verbraucherschutzministerium stattgefunden (DAS INVESTMENT.com berichtete). Nach Angaben der Kanzlei Nieding und Barth gibt es eine große Zahl von Betrugsformen. Der Zweck dieser „schwindelhaften Gesellschaftsgründungen“ bleibe in der Regel undurchsichtig. Der Sinn von Beteiligungen an atypisch stillen Gesellschaften bestehe oft nur darin, Geld von Anlegern einzutreiben. Eine der gefährlichsten und aggressivsten Verkaufstechniken für betrügerische Produkte sei das Telefonmarketing. Dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nur die Prospekte, nicht aber das Finanzprodukt materiell prüfe, ist ein großes Problem, so die Rechtsexperten. Bafin überfordert Ein Bafin-Vertreter erklärte, die Behörde sei nicht in der Lage, die auf dem grauen Markt angebotenen Produkte unter den gegenwärtigen „rechtlichen und personellen Bedingungen“ inhaltlich zu prüfen. Professor Christoph Kaserer, Technische Universität München, sprach sich für die Einführung einer obligatorischen Berufshaftpflichtversicherung bei Finanzmaklern aus. Kaserer zweifelt jedoch daran, dass eine Ausweitung der Bafin-Aufgaben zu einem verbesserten Anlegerschutz führt. „Die Effektivität dieser Kontrolle ist angesichts zahlreicher Anlegerentschädigungsfälle in Zweifel zu ziehen. Auch die aktuelle Finanzmarktkrise kann nicht als Beleg für eine besonders effektive Finanzmarktaufsicht herangezogen werden“, so Kaserer in seiner Stellungnahme. VGF will Zulassungspflicht Der Verband geschlossene Fonds (VGF) verwahrte sich gegen die pauschale Gleichstellung der verschiedensten Anlageformen und gab dazu eine 55-seitige Stellungnahme ab. Gerade geschlossene Fonds seien ein wichtiger Baustein für die private Vermögensbildung. Der Verband sprach sich unter anderem jedoch für eine Zulassungspflicht von Anbietern und eine materielle Prüfung der Verkaufsprospekte aus. Letztere will er bei Wirtschaftsprüfern ansiedeln, die die Ergebnisse zu veröffentlichen hätten. Erste Regulierungsvorschläge hatte der Verband, in dem Initiatoren geschlossener Fonds organisiert sind, bereits Anfang des Jahres vorgelegt (DAS INVESTMENT.com berichtete). AfW: Geschlossene Fonds keine Finanzinstrumente Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen, der nicht zu den geladenen Experten gehörte, zeigte sich verwundert darüber, dass geschlossene Fonds überhaupt Thema einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss sind. „Ausgerechnet der Finanzausschuss ist höchst selbst bei seinen Beratungen zum Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) zu dem Schluss gekommen, das geschlossene Fonds keine Wertpapiere im Sinne der Mifid sind, da ihnen die Zweitmarktfähigkeit fehlt“, so AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Somit fehle ihnen auch die Eigenschaft eines Erlaubnisvorbehalts nach dem Kreditwesengesetz, Investmentgesetz oder dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen, die sie nach Bafin-Definition dem „weißen“ (regulierten) Kapitalmarkt zuordnen würden. „Daraus zu schließen, dass geschlossene Fonds dem Grauen Kapitalmarkt zuzuordnen sind, ist populistisch und zurückzuweisen, zumal der Vertrieb von öffentlich angebotenen geschlossenen Fonds dem Verkaufsprospektgesetz unterliegt“, so Rottenbacher weiter. Denn da die Prospekte geschlossener Fonds von der Bafin geprüft werden müssen, gebe es bereits eine Form der Regulierung. Der AfW propagiert daher, wie bereits im März im Rahmen der Fachtagung im Verbraucherschutzministerium vorgebracht (DAS INVESTMENT.com berichtete), eine einheitliche Regulierung des Finanzdienstleistungsvertriebs auf dem Niveau des Versicherungsvermittlerrechts über die Gewerbeordnung. Dies umfasse eine Beratungsdokumentation, einen Registereintrag, eine Berufshaftpflicht sowie eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestqualifikation. Hintergrund: Die Anhörung im Finanzausschuss kam auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustande. Die Fraktion fordert in ihrem Antrag, eine gesetzliche Grundlage für die Angleichung des Anlegerschutzniveaus auf jenes mit anderen bereits regulierten Finanzprodukten. Zu den Kernforderungen zählt dabei eine Weiterentwicklung des WpHG, um ein „ganzheitliches Kapitalanlagerecht“ zu erreichen. Die Regulierung sollte produkt- und vertriebsbezogen sein und künftige Mindeststandards für den Vertrieb wie eine ausreichende Qualifizierung und eine Berufshaftpflichtversicherung vorsehen.

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