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in Aus der Fondsbranche: neue ProdukteLesedauer: 3 Minuten

Vermittleranwalt Jens Reichow Anlagerisiken im Beratungsgespräch nicht verharmlosen!

Rechtsanwalt Jens Reichow ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Hamburger Kanzlei <a href='http://www.joehnke-reichow.de' target='_blank'>Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte</a>
Rechtsanwalt Jens Reichow ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Immer wieder tragen Anleger im Rahmen von Schadensersatzprozessen vor, der Anlageberater hätte Ihnen gegenüber die Risikohinweise aus dem Verkaufsprospekt entkräftet beziehungsweise verharmlost. Fraglich ist jedoch welche konkreten Aussagen tatsächlich geeignet sind, einen Risikohinweis zu entkräften oder zu verharmlosen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in welchem der Anleger dem Anlageberater im Rahmen des Beratungsgespräches mitgeteilt hatte, dass er schon einmal bei einer Anlage Geld verloren habe und derartiges bei nicht noch einmal erleben wolle. Der Anlageberater äußerte sich dann nach seinen eigenen Angaben wie folgt:

„Es ist so, dass dieser Satz, das ein Totalverlust eintreten kann, immer und überall steht. Es gibt keine hundertprozentig sichere Anlage. [...] Das Risiko des Totalverlusts steht im Prospekt deutlich drin. [...] Ich habe ihm erklärt, dass es sich nicht um eine mündelsichere Anlage handelt. Den Totalverlust habe ich so erklärt, dass es keine sichere Anlage gibt. Es kann gut gehen, es kann aber auch schiefgehen.“

Schadensersatzansprüche geltend gemacht

Nachdem sich die Anlage negativ entwickelte machte der Anleger gegen den Anlageberater Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Belehrung über das Totalverlustrisiko geltend. Er argumentierte, ihm gegenüber sei das Risiko des Totalverlustes entkräftet worden.

Dem folgten die Richter mit ihrem Urteil (vom 18.03.2016 - Aktenzeichen: 13 U 55/14). Mit der Aussage, es gebe keine sichere Anlage, hätte der Anlageberater nach ihrer Auffassung bereits seine Pflicht zu einer inhaltlich richtigen Beratung verletzt, da es zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Anlagen gegeben hätte, die als sicher gelten konnten, etwa Bundesschatzbriefe. Der Anlageberater habe darüber hinaus das vorhandene Totalverlustrisiko verharmlost, indem er wahrheitswidrig suggeriert hat, es handele sich lediglich um ein jede Anlage gleichermaßen treffendes Risiko, das mithin - theoretisch - stets in Kauf genommen werden muss.

Staatsanleihen als sichere Geldanlage?

Diesseits wird die Argumentation des OLG Frankfurt mehr als problematisch gesehen. Schlussendlich unterstellt diese Rechtsprechung nämlich, dass es nach wie vor „sichere“ Anlagen gibt – die Richter führen sogar Bundesschatzbriefe beispielshaft als solche Anlagen an. Zwar dürfte es durchaus zutreffend sein, dass Bundesschatzbriefe ein geringeres Totalverlustrisiko haben als andere Anlage, wie zum Beispiel geschlossene Beteiligungen.

Die Ansicht der Richter, dass ein Totalverlustrisiko bei solchen Anlagen hingegen ausgeschlossen ist, vermag der Autor in Zeiten, in denen bereits mehrere Staaten des Euro-Raums kurz vom Staatsbankrott standen, nicht zu teilen.

Die Rechtsprechung zeigt jedoch wieder einmal wie sehr innerhalb der deutschen Richterschaft das Bild von der sicheren Anlage in Bundeswertpapiere etabliert ist. Anlageberater sollten sich dem in gerichtlichen Verfahren durchaus bewusst sein. Ob hieraus geschlussfolgert werden kann, dass Anlageberater Bundesschatzbriefe als sichere Anlagen empfehlen können, vermag der Autor aus anwaltlicher Vorsicht hingegen ebenfalls nicht zu bestätigen.

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