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Berufsunfähigkeitsversicherung BU-Leistung trotz Anzeigepflichtverletzung: Rechtsanwalt mahnt Vermittler zu Vorsicht

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Schadensersatzansprüche ausgeschlossen

Schadensersatzansprüche der Versicherung sind ausgeschlossen. Denn die Regelung des Gesetzgebers im Versicherungsvertragsgesetz ist abschließend und vorrangig. Dort sind keine Ersatzansprüche bei einer Anzeigepflichtverletzung geregelt.

Auch auf Paragraf 853 BGB konnte sich die Versicherung nicht berufen. Danach gilt: Erlangt jemand durch eine unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten (hier die Versicherung), so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist.

Der Bundesgerichtshof hatte allerdings ausgeführt, dass Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beantwortung von Antragsfragen in den Paragrafen 19 ff. VVG abschließend geregelt sind. Diese Pflichtverletzungen könnten nicht zu einer so genannten „unerlaubten Handlung“ im Sinne dieser Vorschrift führen und damit zu einer Verweigerungsmöglichkeit. Andere Pflichtverletzungen und „unerlaubte Handlungen“ waren im Prozess nicht vorgetragen worden. Daher griff diese Einrede nicht durch.

Bundesgerichtshof schafft Klarheit


Mit diesem Urteil hat des Bundesgerichtshof klargestellt, dass für Versicherungsverträge genau die gleichen Anfechtungsrechte und Regelungen gelten, wie für alle anderen Willenserklärungen auch. Es erscheint auch sachgerecht Versicherungsverträge nicht anders zu behandeln als beispielsweise Kaufverträge.

Da es sich um allgemein verbindliches Recht handelt, können die Versicherungen von dieser Ausschlussfrist bei einer arglistigen Täuschung nicht abweichen.

Überlegungen mit Vorsicht zu genießen

Es stellt sich daher für Verbraucher die Frage, ob es sich lohnt, bewusst und gewollt die Versicherung zu täuschen und die Zehnjahresfrist zu überbrücken. Solche Überlegungen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: Meldet ein Versicherungsnehmer absichtlich einen eingetretenen Leistungsfall zu spät, um sich die Versicherungsleistung zu sichern, kann dies gegen Treu und Glauben verstoßen. Er kann damit in sittenwidriger Weise die Überprüfung des Leistungsantrags verzögern.

Dieses Verhalten kann von der Rechtsprechung als eine neue arglistige Handlung gewertet werden, die zu einem Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger Schädigung führen kann. Anknüpfungspunkt ist dann nicht mehr die Anzeigepflichtverletzung bei Vertragsschluss sondern das Unterlassen der Anzeige der Berufsunfähigkeit im laufenden Vertrag.

Ausreichend Zeit zur Prüfung

Im vorliegenden Fall bestanden laut Bundesgerichtshof keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsfall absichtlich zu spät gemeldet worden wäre, damit die Versicherung ihre Rechte nicht mehr geltend machen konnte. Zwischen der Meldung der Berufsunfähigkeit im Januar 2012 und dem Ablauf der Anfechtungsfrist zum 5. April 2012 lag ein genügender Zeitraum zur Prüfung für die Versicherung. Dass diese erst am 18. Juli 2012 den Vertrag angefochten hatte, war von ihr zu verantworten.

Hätte der Versicherungsnehmer erst zum 1. Mai 2012 den Versicherungsfall angezeigt, hätte möglicherweise etwas anderes gelten können. Allerdings stellt die Rechtsprechung sehr hohe Anforderungen an den Nachweis eines solchen weiteren arglistigen Verhaltens.

Das Unterlassen des Versicherungsnehmers muss zudem mit dem Vorsatz geschehen, dem Versicherer einen Schaden zuzufügen. Für diese Punkte ist der Versicherer beweisbelastet. Dennoch besteht ein Risiko über diese Argumentation die Leistungsansprüche wieder zu verlieren.

Am Mittwoch lesen Sie die Einschätzung von Rechtsanwalt Holger Panzig, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Potsdam.

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