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Berufsunfähigkeitsversicherung „Versicherer kann wegen arglistiger Täuschung beim Abschluss nur zehn Jahre lang anfechten“

Gebäude des Bundesgerichtshof in Karlsruhe
Gebäude des Bundesgerichtshof in Karlsruhe
Ein jüngst veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) (Aktenzeichen: IV ZR 277/14) hat für reichlich Gesprächsstoff in der Versicherungsbranche gesorgt. Worum es in dem Fall ging und wie die beklagte Assekuranz die eingeklagte Zahlung der BU-Rente hätte abwenden können, erklärt Heiko Effelsberg (Foto Seite 2), Fachanwalt für Versicherungsrecht in der Düsseldorfer Kanzlei Kuck & Effelsberg:

Die Klägerin des Verfahrens war die Ehefrau und Erbin der versicherten Person. Dieser hatte Anfang 2002 den Arbeitgeber gewechselt. Anlässlich des Wechsels wurde ein zur Alterssicherung geführter Lebensversicherungsvertrag in die Gruppenversicherung des neuen Arbeitgebers überführt. Gleichzeitig wurde eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ergänzt.

Erkrankung an Morbus Parkinson

Im Zusammenhang mit dem Wechsel stellte der neue Gruppenversicherer Gesundheitsfragen, die der Ehemann der Klägerin allesamt mit „Nein“ beantwortete, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon an Morbus Parkinson erkrankt war. Seit 2008 war der Ehemann der Klägerin infolge eines Hirntumors, nachfolgender Rezidivbildung und fortschreitender Parkinsonerkrankung berufsunfähig. Anfang 2012 machte er bei der Beklagten erstmals Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend, wobei er angab, seit 1990 an Parkinson und seit 2008 an einem Gehirntumor erkrankt zu sein.

Die Beklagte erklärte im Weiteren die Anfechtung der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und lehnte Leistungen hieraus ab. Nach dem Tod ihres Ehemanns machte die Klägerin Versicherungsansprüche seit 2008 auf Beitragsfreistellung in der Lebensversicherung gerichtlich geltend. Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, gab der BGH der Klägerin nunmehr Recht.

Zehnjährige Anfechtungsfrist


Das Berufungsgericht hatte zu der entscheidenden Rechtsfrage noch ausgeführt, dass zwar die zehnjährige Anfechtungsfrist zwischen Abgabe der Willenserklärung und Zugang der Anfechtungserklärung abgelaufen sei, es wendete jedoch die Regelung des Paragraf  21 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) analog an. Die Regelung besagt, dass es für die Rechtzeitigkeit einer Rücktrittserklärung ausreichend ist, wenn der Versicherungsfall vor Ablauf der Erklärungsfrist eintritt.

Dem folgte der BGH nicht und stellte eindeutig fest, dass für den Bereich der arglistigen Täuschung die feste Frist des Paragraf  124 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von zehn Jahren gilt.

Auch andere Begründungsansätze, mit denen die Beklagte ihrer Leistungspflicht entgehen wollte, ließ der BGH nicht durchgreifen.

Seite 2: „Urteil ist zu begrüßen“
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