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„Bis zur Präsidentschaftswahl 2012 ist die Fed ausgebremst“

Hannes Zipfel
Hannes Zipfel
DAS INVESTMENT.com: Seit vergangenem Mittwoch tanzt die amerikanische Notenbank Fed wieder auf dem Parkett der Geldpolitik. Diesmal ist es ein „Twist“. Was steckt dahinter?

Hannes Zipfel:
Die Fed wird die Laufzeit der US-Staatsanleihen, die sie im Rahmen der Aufkaufprogramme Quantitive Easing 1 und 2 übernommen hat, umschichten. Für rund 400 Milliarden US-Dollar sollen lang laufende Anleihen gekauft und gleichzeitig kurz laufende Anleihen in der gleichen Größenordnung verkauft werden. Die Maßnahme ist also bilanzneutral.

DAS INVESTMENT.com: Einen Twist gab es bereits 1961. Wie waren die Erfahrungen damit?

Zipfel: Der Erfolg des ersten Twists ist schwer abzuschätzen. Damals gingen die Zinsen am langen Ende der Zinskurve um lediglich 0,15 Prozentpunkte zurück. Ob das als Stimulus gelten kann, ist fraglich. Der Effekt des gegenwärtigen Twists liegt derzeit bei 25 Basispunkten, der Zinssatz fiel auf  2,8 Prozent. Eventuell fällt das lange Ende der Zinskurve nochmal um 25 Basispunkte, das war es aber dann. Da wir 2007 einen Zinssatz von 5,25 Prozent hatten, darf man nicht zu viel Hoffnung in diese Zinswaffe setzen.

DAS INVESTMENT.com: Hat die Fed ihr Ziel verfehlt?

Zipfel: Vordergründig ja, denn das offiziell kommunizierte Ziel ist es, mit sinkenden Zinsen den Immobilienmarkt und das Geschäft für Investitionskredite anzukurbeln.

In Wahrheit geht es bei der Maßnahme aber um Budgethilfe für den US-Staatshaushalt. Da es den USA zunehmend schwer fällt, am Markt lang laufende Kredite für ihren Haushalt zu finden, springt ihr mit dem Twist die Fed zur Seite.  Sie kauft nicht nur entsprechende Anleihen, sondern verschafft dem Staat günstigere Konditionen am langen Ende der Zinskurve. In der Praxis finanziert die Fed das komplette US-Budgetdefizit bis Mitte 2012.

DAS INVESTMENT.com: Die letzte Maßnahme, das QE2, schlummert größtenteils als Bankeinlage der Privatbanken bei der Fed und hat nie die Realwirtschaft erreicht. Könnte die Notenbank nicht gegensteuern?

Zipfel: Der Zinssatz für Bankeinlagen bei der Fed liegt bei historisch niedrigen 0,25 Prozent. Trotz dieses Zinssatzes parken die Banken ihr Geld dort, weil andere Anlageformen derzeit zu unsicher scheinen. Ein negativer Zinssatz, quasi eine Kontogebühr, wäre durchaus möglich und gab es bereits in Japan in den Neunziger Jahren.

Momentan wird die Fed aber davon absehen, da ein noch niedrigerer Zinssatz US-Geldmarktfonds in Existenznöte bringen würde. Und anders als in Europa funktioniert der Geldmarkt in den USA noch, auch wenn sich die Lage zunehmend verschlechtert.

DAS INVESTMENT.com: Welche Maßnahmen bleiben der Fed im Falle eines Abrutschens der US-Wirtschaft in eine weitere Rezession? Immerhin gehört es zu ihrem Auftrag, für Beschäftigung zu sorgen.

Zipfel: Es bleibt natürlich das nächste Aufkaufprogramm, das QE3. Viele übersehen, dass wir ein „QE3 Soft“ bereits haben. Immerhin reinvestiert die Fed nicht nur das Geld aus auslaufenden Anleihen, sondern auch deren Zinserträge. Dadurch fließen weitere 260 Milliarden Dollar pro Jahr in die Märkte.

Im Falle einer erneuten Rezession der US- oder gar Weltwirtschaft bleibt als letzte Waffe ein desperates QE3. Die Fed wird dann viel Geld in die Hand nehmen und damit nicht nur Immobiliendarlehen und Staatsanleihen, sondern auch Realkapital ankaufen. Dazu gehören Aktien, die Verstaatlichung von Banken und Infrastrukturmaßnahmen. Finanziert wird das durchs Drucken von Geld. Derzeit aber ist ein QE3, auch in Amerika, politisch nicht durchsetzbar.

DAS INVESTMENT.com: Der verbleibende Handlungsspielraum der Fed bleibt also eng.

Zipfel: Und das nicht nur bei der Auswahl der verbleibenden Maßnahmen, sondern in der nächsten Zeit auch durch die politische Patt-Situation im Kongress in Washington. Da die Fed traditionell parteienpolitisch keinen Einfluss ausübt, wird ihr Vorsitzender Ben Bernanke bis zur nächsten Präsidentschaftswahl 2012 keine weiteren Maßnahmen ergreifen. Bis dahin ist die Fed ausgebremst.

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