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„Bleiben die Märkte instabil, wird es zur Transferunion kommen“

Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschafts-Institut
Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschafts-Institut
DAS INVESTMENT.com: Welche Probleme dürften nach dem gestrigen Euro-Gipfel in den kommenden Monaten in den Blickpunkt rücken?

Henning Vöpel: Offen bleibt, ob die beschlossenen Maßnahmen nicht zu einer Ansteckung anderer Euro-Länder führen, die ja bei einem Haircut für Griechenland befürchtet worden ist. Davon hängt entscheidend ab, wie stark der Rettungsschirm in Anspruch genommen werden muss und ob dessen Volumen dann ausreicht.

DAS INVESTMENT.com: Welche weiteren Schritte sollten dem Maßnahmenbündel folgen?

Vöpel: Es müssen glaubwürdige Maßnahmen zur mittelfristigen Konsolidierung der Staatshaushalte und zur langfristigen wirtschaftlichen Annäherung der Euro-Länder folgen. Nur dann ist der Euroraum strukturell stabil und das Vertrauen in den Euro und in Staatsanleihen der Euro-Länder wird wiederhergestellt.

Sollten die Märkte instabil bleiben, wird es zu einer weitergehenden Transferunion bis hin zu Euro-Bonds und einer stärkeren fiskalpolitischen Union kommen.  

DAS INVESTMENT.com: Ist das deutsche Versicherungsmodell der richtige Weg für den Rettungsschirm EFSF oder ist das Hebel-Modell der Franzosen doch besser?

Vöpel: Im Prinzip kann das Versicherungsmodell meiner Einschätzung nach nicht funktionieren. Bei der notwendigerweise weiter steigenden Neuverschuldung Griechenlands fallen immer mehr „alte“ Schulden aus den 20 Prozent  der versicherten Anleihen heraus. Die Kurse dieser Anleihen fallen daher im Zeitablauf, weshalb es schon heute keinen Anreiz für eine Anlage gibt, die in Zukunft weniger wert ist.

Besser wäre folgendes Modell: Die Euro-Länder sollten öffentliche, das heißt durch den Steuerzahler gedeckte Versicherungen für griechische Anleihen am Markt versteigern. Dadurch werden nach und nach einzelwirtschaftliche Risiken der Banken und Versicherer effizient und kostenminimal für den Steuerzahler umverteilt – das systemische Risiko der Ansteckung entweicht aus dem Markt und die privaten Gläubiger beteiligen sich mit dem maximal verträglichen Anteil an den Kosten der Krise.

DAS INVESTMENT.com: Brauchen wir weitergehende Reformen im Bankensystem, zum Beispiel ein Trennbankensystem?

Vöpel: Ja, wir brauchen eine bessere Regulierung: Finanzmärkte neigen zur Instabilität und können der Realwirtschaft großen Schaden zufügen. Ein Trennbankensystem ist sinnvoll. Es schützt die volkswirtschaftlichen Funktionen der Geschäftsbanken – Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Kreditversorgung – vor den globalen Finanzmarktrisiken.

Höhere Eigenkapitalquoten wie in Basel III vorgesehen bedeuten eine bessere Krisenprävention, können aber in der Krise nach wie vor prozyklisch wirken und zu Einschränkungen des Kreditangebots führen.

Ergänzend kann eine Finanztransaktionssteuer längerfristige Anlagen belohnen und die Volatilität an den Märkten reduzieren.

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