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Reform der Grundsteuer Stillstand im Bundesfinanzministerium

Blick auf Berlin: In Deutschlands Hauptstadt sind die Hebesätze für die Berechnung der Grundsteuer mit Abstand am höchsten.
Blick auf Berlin: In Deutschlands Hauptstadt sind die Hebesätze für die Berechnung der Grundsteuer mit Abstand am höchsten. | Foto: Pixabay

Die Zeit läuft. Doch die Finanzminister von Bund und Ländern haben sich bisher nur ein einziges Mal getroffen, seitdem das Karlsruher Bundesverfassungsgericht die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hat. Im Mai dieses Jahres wurde kurz über die Reform beraten. Seitdem ist im Bundesfinanzministerium nichts mehr passiert. Nicht einmal für die Prüfung verschiedener Reformmodelle, auf die sich die Mai-Runde geeinigt hatte, wurde ein Auftrag vergeben, heißt es im Handelsblatt, dem die Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Grünen vorliegt. Bis Ende 2019 muss die Reform aber abgeschlossen sein, haben die Richter in Karlsruhe bestimmt.

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Doch zunächst zurück auf Anfang: Alle sechs Jahre sollte der Wert der Grundstücke neu berechnet werden. So sieht es zumindest das Bewertungsgesetz vor. Passiert ist: nichts. In Ostdeutschland sind die Werte, nach denen die Grundsteuer berechnet wird, darum inzwischen satte 83 Jahre alt, im Westen 54 Jahre. Damit sind die sogenannten Einheitswerte uralt. Das hat teilweise skurrile Folgen. Ein Beispiel: Nach dem Bau der Mauer 1961 waren die Grundstücke im Westen für Berliner unattraktiv, kaum jemand wollte direkt an der Mauer wohnen. Die Markt- und damit auch die Einheitswerte waren 1964 entsprechend niedrig. Deshalb zahlen die Eigentümer der äußerst attraktiven und inzwischen hochpreisigen Grundstücke im Zentrum der Hauptstadt aktuell vergleichsweise wenig Grundsteuern.

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts haben die Einheitsbewertung der Grundstücke für verfassungswidrig erklärt. Sie sehen einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Die einheitliche Bewertung von Grundvermögen führe „zu Ungleichbehandlungen durch Wertverzerrungen“. Bis Ende 2019 soll darum ein „realitätsgerechtes Bewertungssystem“ für die rund 35 Millionen Grundstücke entworfen werden.

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Bis zur verbindlichen Anwendung räumen die Verfassungsrichter eine Übergangszeit bis Ende 2024 ein. Tobias Schneider, Steuerberater und Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle Deutschland, begrüßt das Urteil: Die künftige Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer werde sich mehr an den tatsächlichen Wertverhältnissen der Immobilien orientieren müssen. „Das heißt, dass die Grundsteuerbelastung für Immobilien, deren Wertentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten überproportional gut war, steigen wird, während die Belastung für Underperformer sogar sinken könnte.“

Bereits seit 2016 liegt ein Reformvorschlag für die Grundsteuer in der Schublade des Bundesrats. Dem sogenannten Kostenwertmodell hatte damals die Mehrheit der Bundesländer zugestimmt, nur Hamburg und Bayern nicht. Es sieht vor, dass die Grundsteuer künftig auf Basis einer kombinierten Bewertung aus Grundstücks- und Gebäudewert berechnet wird. Dabei wird das Grundstück mithilfe des Bodenrichtwerts bewertet. Für den Gebäudewert werden pauschale Baukosten angesetzt, die je nach Alter der Immobilie gemindert werden. Bleibt ansonsten alles beim Alten, würde die Grundsteuerbelastung massiv steigen. Hamburgs ehemaliger Finanzsenator und heutige Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte 2016 im Bundesrat erklärt, dass das geplante Kostenwertmodell in Hamburg „im Durchschnitt zu rund zehnfach höheren Immobilienbewertungen“ führe.