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BVI-Rechtsexpertin „Bei Provisionen macht Mifid II freien Vermittlern keine Vorgaben“

Rechtsexpertin des BVI Julia Backmann: "Bei Provisionen fordert Mifid II keine national angepassten Regeln für freie Vermittler"
Rechtsexpertin des BVI Julia Backmann: "Bei Provisionen fordert Mifid II keine national angepassten Regeln für freie Vermittler" | Foto: BVI

Nach sieben Jahren Vorarbeit ist es geschafft: Für Wertpapierdienstleister gelten seit Anfang 2018 die überarbeiteten Regeln der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Mifid II). Der deutsche Gesetzgeber hatte frühzeitig die Umsetzung der europäischen Vorgaben in nationales Recht angestoßen und sie im Juni letzten Jahres durch das zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz abgeschlossen.

Wieviel Mifid gilt für freie Vermittler schon heute?

Von der Mifid ausgenommen sind in Deutschland freie Vermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung. Für sie gelten entsprechende Vorschriften der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV). Auch in der Mifid II ist diese Ausnahmemöglichkeit für freie Vermittler festgelegt, sofern die Mitgliedstaaten entsprechende Vorschriften erlassen beziehungsweise anpassen – wie dies in Deutschland für Vermittler von Fonds vorgesehen ist. Welche Regeln der Mifid II dies sind, ist klar aufgelistet.

Die meisten der relevanten Mifid-II-Regeln sind bereits in der aktuellen FinVermV enthalten. Hierzu zählen etwa die Regeln zum Geeignetheitstest oder zum Umgang mit Interessenkonflikten. Das ist nicht überraschend, denn mit der Neuordnung des Finanzanlagenvermittlerrechts 2011 wurden Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten der Wertpapierdienstleister auf freie Vermittler übertragen. Zudem wurde die deutsche Verordnung zu einem Zeitpunkt erlassen, als der Vorschlag der EU-Kommission zur Mifid-Überarbeitung bereits auf dem Tisch lag. Darüber hinaus hat das deutsche Honoraranlageberatungsgesetz die Vorgaben der Mifid II zu den Anforderungen an eine unabhängige Beratung vorweggenommen.

Anpassung bei Provisionen rechtlich nicht erforderlich

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Für die Zahlung von Provisionen fordert die Mifid II keine entsprechenden Regeln in den nationalen Vorschriften für freie Vermittler. Die Liste mit den auf freie Vermittler zu übertragenden Anforderungen verweist nicht auf die europäische Vorgabe, dass Zuwendungen im Provisionsvertrieb zur Qualitätsverbesserung verwendet werden müssen. Aus rechtlicher Sicht besteht daher in diesem Punkt kein Anpassungsbedarf. Und das aus gutem Grund: Freie Vermittler dürfen ausschließlich die Anlagevermittlung beziehungsweise die Anlageberatung anbieten. Somit haben sie keine andere Möglichkeit, ihren Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Sollten freie Vermittler die erhaltenen Provisionen der Produkthersteller ausschließlich zur Qualitätsverbesserung ihrer Dienstleistung einsetzen dürfen, würde ihre Einkommensgrundlage wegfallen. Sie wären dann faktisch gezwungen, ihre Dienstleistung als Honorarberater anzubieten.

Welche Mifid-Vorgaben sind noch zu übersetzen?

Nach der Mifid II sind für freie Vermittler entsprechende Vorgaben für die Telefonaufzeichnung, zur Kostentransparenz, zur Offenlegung von Zuwendungen sowie Informations- und Aufklärungspflichten vorzusehen. Dabei sind für die Transparenz der Kosten, der Zuwendungen sowie für Informations- und Aufklärungspflichten bereits einige Vorgaben in der FinVermV enthalten, etwa die Aufklärungspflicht, ob eine Beratung auf Honorar- oder Provisionsbasis erfolgt. Allerdings dürfte bei einer Anpassung der FinVermV – wie auch beim Vertrieb durch Banken – das Beratungsprotokoll durch die Geeignetheitserklärung ersetzt werden.

Da für freie Vermittler nur entsprechende und nicht dieselben Regeln gelten müssen, können bei einer verhältnismäßigen Anpassung der FinVermV die Besonderheiten der Geschäftsmodelle freier Vermittler berücksichtigt werden. Unter diesem Aspekt erscheint vertretbar, dass die vorhandenen Regeln zur Kostentransparenz und zur Offenlegung der Zuwendungen nicht wesentlich anzupassen sind. Zudem sollten neue Regeln für die Telefonaufzeichnungen angemessen umgesetzt werden. Soweit politische Entscheidungen die Anpassung der deutschen Vorschriften beeinflussen, hängt dies wesentlich vom weiteren Fortgang der Regierungsbildung und dem künftigen Zuschnitt der mitwirkenden Ministerien ab.

Solange die FinVermV noch nicht angepasst ist, gelten die aktuellen Regeln der Verordnung weiter. Freie Vermittler haben somit vorerst keine zusätzlichen Vorgaben einzuhalten. Das bedeutet aber auch, dass sie zum Beispiel noch ein Beratungsprotokoll erstellen müssen. Selbstverständlich können freie Vermittler zusätzliche Vorgaben der Mifid freiwillig einhalten und beispielsweise einen von der Fondsgesellschaft bestimmten Zielmarkt im Vertrieb nutzen.

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