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Aktualisiert am 12.05.2010 - 09:07 Uhrin ImmobilienLesedauer: 6 Minuten

Cash, Kredite, Investitionen: Gefährliches Dreierlei der Immobilienfonds

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Jetzt darf man aber natürlich nicht die laufenden Fondskosten vergessen. Beim hausInvest europa belaufen sich die jährlichen Verwaltungskosten auf maximal 1 Prozent pro Jahr. Ich gehe einmal für unsere hypothetische Rechnung von einer jährlichen Kostenbelastung in Höhe von 1 Prozent p.a. aus.

Dann ergeben sich folgende Netto-Renditen nach Kosten:

  • für den Immobilienanteil im (hypothetischen) Fonds-Vermögens: 5 – 1 = 4 Prozent
  • für den Liquiditätsanteil im (hypotethischen) Fonds-Vermögen: 1 – 1 = 0 Prozent

Damit ergibt sich für den (hypothetischen) Fonds insgesamt eine zu erwartende Rendite von 2,88 Prozent. Denn

  • 28% x 0% + 72% x 4% = 2,88%

Man kann die Sache auch anders herum drehen, indem man fragt: Wenn der Liquiditätsanteil 28 Prozent beträgt, wie hoch muss die Rendite der Immobilien sein, damit für den Anleger unterm Strich 4 Prozent herauskommen?

Die Antwort lautet: Der Immobilienanteil muss eine Rendite von 6,56 Prozent erzielen, damit der Anleger unterm Strich (nach Kosten) 4 Prozent erwarten darf. Und dann gehen natürlich noch die Steuern weg.

Auch wenn die genauen Konditionen beim hausInvest möglicherweise etwas anders sind, so sollte sich ein Anleger hier doch fragen, ob er es für realistisch hält, dass die Immobilien im Fondsvermögen eine Rendite von 6,56 Prozent vor Kosten erwirtschaften können. Sofern er natürlich mit seinem Investment hier mindestens 4 Prozent vor Steuern erwartet. Wer das für realistisch hält, ist mit dem Fonds gut bedient. Wer das nicht für realistisch hält, sollte sich vielleicht nach einer anderen Anlageform umsehen.

Fremdkapital erhöht das Risiko

Es kommt aber noch eine Sache hinzu. Das Fondsvermögen des hausInvest europa beläuft sich – wie gesagt - zum 31.03.2010 auf 10.895,3 Millionen Euro. Davon gehen 3.078,8 Millionen in die Liquidität (28,25 Prozent) und 10.215,6 Millionen Euro in Immobilien (93,76 Prozent).

Diese Zahlen sind etwas merkwürdig, denn:

  • Liquidität (3078,8) + Immobilien (10.215,6) = 13.294,4 Mio Euro.

Wenn das gesamte Fondsvermögen aber nur 10.895,3 Millionen Euro beträgt, dann hat man hier noch eine Differenz von 2.399,1 Millionen Euro.

Dieser Differenzbetrag wird im Geschäftsbericht etwas besser aufgeschlüsselt in “Verbindlichkeiten und Rückstellungen”. Einen Großteil davon stellen also Kredite dar.

Bezieht man diese 2.399,1 Millionen Euro aufs Fondsvermögen, dann sind das 22 Prozent. Immer wieder habe ich Privatanleger gefragt, ob sie wissen, dass bei einem offenen Immobilienfonds auch mit Fremdkapital gearbeitet wird. Die Antwort war fast immer: Nein, das glauben sie nicht.

D.h. ein typischer Privatanleger, mit dem ich bisher darüber gesprochen habe, meint: Innerhalb eines offenen Immobilienfonds kommt nur Eigenkapital zum Einsatz, Fremdfinanzierungen kommen dabei nicht vor. Auch das ist falsch. Fast jeder offene Immobilienfonds hat Fremdkapitalquoten.

Interessanterweise ist die exakte Fremdkapitalquote im Factsheet des hausInvest europa ja nicht aufgezeigt. Ein oberflächlicher Leser des Factsheets merkt vielleicht nichts von dem oben vorgerechneten Differenzbetrag. Immerhin kommen beim hausInvest europa bis zu 22 Prozent Fremkapital zum Einsatz.

Fremdkapital zu verwenden, ist eine Methode, um Renditen (wie man sagt) zu hebeln. Es macht die Sache aber auch deutlich riskanter. Denn nicht nur die Gewinne werden gehebelt, sondern auch die Verluste.

Hohe Liquidität plus Fremdkapital ist paradox

Meiner Erfahrung nach, wissen die wenigsten Privatanleger über folgendes Bescheid:

  • Viele offene Immobilienfonds haben Liquiditätsreserven von bis zu 30 Prozent
  • Viele offene Immobilienfonds haben Fremdkapitalquoten von bis zu 30 Prozent

Dass die wenigsten Anleger darüber Bescheid wissen, laste ich dem Vertrieb offener Immobilienfonds an. Viele Anlaberater (ob bewusst oder unbewusst) suggerieren:

  1. Wenn man in einen offenen Immobilienfonds anlegt, geht 100 Prozent des Geldes in Immobilien
  2. Dass es sich um reine Eigenkapitalfonds handelt und keine Kredite hinzu kommen

Beides ist in der Regel nicht richtig. Und beides sind wichtige Punkte zu wissen. Denn an sich ist es ja absurd, in etwa denselben Betrag in der Kasse zu halten, den man über Fremdkapital aufgenommen hat.

Man stelle sich einmal eine Familie vor, die vor der Entscheidung steht, sich eine Immobilie anzuschaffen. Tatsächlich hat sie genug Eigenkapital um das gewünschte Häuschen ohne Kredite zu erwerben. Wäre es nun sinnvoll, sagen wir, 20 Prozent doch fremdzufinanzieren, nur damit genau derselbe Betrag einfach nur auf dem Girokonto herumliegt? Wohl kaum.

Genau das, was man wahrscheinlich für sich selbst als absurd bezeichnen dürfte,  geschieht aber innerhalb der meisten offenen Immobilienfonds.

Und warum geschieht das? Wegen des bereits beschriebenen Paradoxons, das offene Immobilienfonds darstellen: Sie investieren in ein extrem illiquides Anlagesegment und wollen gleichzeitig extrem liquide sein.

Deswegen ist es meiner Meinung nach klar, dass dieses Paradoxon zumindest teilweise aufgelöst wird durch Einführung von Kündigungsfristen und Mindestanlagefristen.


In seinem Geldanlage- und Finanz-Blog analysiert der Vermögensverwalter Hannes Peterreins (Foto) regelmäßig aktuelle Themen aus der Welt der Geldanlage.


Welche Geldanlagen offene Immobilienfonds gut ersetzen können, lesen Sie in unserem Text: "Alternativen zu offenen Immobilienfonds".

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