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Chefvolkswirt Gerhard Winzer Warum Anleger keinen Grund zum Trübsalblasen haben

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Diese abweichende Inflationsentwicklung und Haltung der Zentralbank zwischen den USA und dem Rest der entwickelten Welt deckt sich mit der jüngsten Festigung des handelsgewichteten US-Dollar. Mittlerweile befindet er sich auf dem Niveau von Ende 2017. Weil wir weiterhin von einem breit basierten Wirtschaftswachstum und einer milden Normalisierung der Geldpolitiken auch in anderen wichtigen Ländern und Region ausgehen – etwa der Eurozone, dem Vereinigten Königreich und Kanada – gehen wir nach der Abschwächung im vergangenen Jahr von Seitwärtsbewegung des US-Dollar in diesem Jahr aus. Damit scheint der weitere Ausblick – sofern man unsere drei als wichtig identifizierten Kennzahlen beruft – sich nicht zu verschlechtert.

Risikobehaftete Assets weiter bevorteilt

Doch was bedeuten all diese Szenarien für die Märkte und einzelnen Anlageklassen? Steigende Zinsen in den USA hätten vor allem zwei Auswirkungen: schlechtere Bewertungen von alternativen Wertpapierklassen und eine abnehmende Kreditqualität aufgrund höherer Kreditkosten. Denn die lange andauernde Niedrigzinsphase hat zu ausgeprägten Zuflüssen in höher verzinste und entsprechend riskantere Wertpapierklassen geführt, was wiederum sinkende Anleihenrenditen mit sich gebracht hat.

Denn je höher die Bewertungen, desto niedriger die zukünftigen Erträge und desto höher die Verletzlichkeit für eine Korrektur. Ein steigendes Zinsniveau bedeutet eine zunehmende Attraktivität von bonitätsstarken Schuldpapieren wie US-Treasuries. Die Alternativen werden entsprechend unattraktiver. Um einen Anstieg der geforderten Risikoprämien zu erreichen und damit ein Gleichgewicht herzustellen, gelangen die Kurse der riskanteren Anleihen unter Druck. Bewahrheitet sich die Basisannahme einer Stabilisierung der zehnjährigen US-Rendite und bleibt das globale Wachstum kräftig und breit basiert, bleiben Aktien weiterhin attraktiver als Staatsanleihen.

Zudem wären steigende US-Zinsen besonders negativ für Länder mit einem hohen Leistungsbilanzdefizit. Es ist kein Zufall, dass vor allem die Türkei und Argentinien mit Leistungsbilanzdefiziten von über fünf Prozent zuletzt unter Druck geraten sind. Für Länder mit einem erhöhten Finanzierungsbedarf in US-Dollar steigt die Zinsbelastung an, wenn sich der US-Dollar festigt.

Tatsächlich sind vor allem die Schwellenländerwährungen gegenüber dem US-Dollar unter Druck geraten. Generell hat eine Abschwächung einer Währung positive und negative Effekte. Positiv: die Nettoexporte werden auf mittlere Sicht unterstützt. Negativ: aus ausländischer Sicht wird die Attraktivität von Real- und Finanzinvestitionen gemindert, so lange die Währungsabschwächung anhält. Wenn die Währungsabschwächung zu heftig ausfällt, steigt der Druck für die Zentralbank die Leitzinsen anzuheben um die Währung zu stützen.

Zuletzt hat die Zentralbank in Argentinien bis jetzt erfolgreich mit drastischen Leitzinsanhebungen versucht, ihre Währung zu stabilisieren. Sollte die Währungsabschwächung zu einem Anstieg der Inflation führen, nimmt der Druck für steigende Zinsen nochmals zu. Die restriktive Geldpolitik kann im erfolgreichen Fall die Währung stabilisieren, aber die Arbeitslosigkeit steigt an. Wenn die Währung nicht stabilisiert werden kann, gibt es noch die Möglichkeit Fremdwährungsreserven zu verkaufen. Fallende Fremdwährungsreserven sind nachteilig für die Kreditwürdigkeit eines Landes.

Auch wenn es nach wie vor typische Merkmale von Schwellenländer-Märkten gibt, hat in den vergangenen Jahrzehnten eine strukturelle Verbesserung in vielen Ländern stattgefunden: niedrigere Inflation, flexible Wechselkurse durch die Aufhebung fixer Wechselkursbindungen an den US-Dollar, weniger externe und interne Ungleichgewichte und ein höherer Anteil von Lokalwährungsanleihen.

Die Weltwirtschaft wächst weiter, wenn auch langsamer

Das Fazit: Wir sehen das Basisszenario einer graduellen Normalisierung des Zinsniveaus als bestätigt an. Das reale globale Wirtschaftswachstum bleibt kräftig und breit basiert, auch wenn es etwas niedriger als zuletzt ausfällt. Die Inflationsraten steigen nur leicht an und die Zentralbanken reduzieren ihre expansive Haltung nur sehr vorsichtig, wobei die US-Notenbank schneller als alle anderen Zentralbanken agiert. Die Abkehr vom Goldilock-Szenario verursacht erhöhte Kursschwankungen und eine Anpassung der Risikoprämien aufgrund des steigenden US-Zinsniveaus. Nach wie vor fällt das Basisszenario vorteilhaft für risikobehaftete Wertpapierklassen wie Aktien und US-High-Yields sowie in Lokalwährung begebene Schwellenländeranleihen aus.

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