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Crash, Boom, Bang: Wie sieht Risikomanagement in Zukunft aus?

Edhec-Professor Ekkehart Boehmer
Edhec-Professor Ekkehart Boehmer
DAS INVESTMENT.com: Staatanleihen westlicher Industrienationen galten bisher als risikolos. Nun wird ihr Ausfall nicht mehr ausgeschlossen. Gibt es noch eine risikolose Asset-Klasse?

Ekkehart Boehmer
: Nein, die gab es aber auch noch nie. Wir wissen schon seit Langem, dass Staaten Pleite gehen können. Denken Sie nur an Deutschland nach dem ersten und zweiten Weltkrieg, an Russland Ende der 90er Jahre oder an Argentinien 2002. Ist das ein Problem? Nein, man muss versuchen, sich dem Perfekten anzunähern.

DAS INVESTMENT.com
: Bisher ging das mit deutschen Staatsanleihen ganz gut. Sie galten als Safe Haven. Angesichts der rasant steigenden Schulden, wird aber auch ihre Rückzahlung zunehmend unwahrscheinlicher. Was bedeutet das für Risikomanager?

Boehmer: Man muss nicht gleich alle Grundsätze über den Haufen werfen. Wichtig ist, dass Risikomanagement inzwischen überhaupt einen festen Platz hat. Vor der Krise 2008 hat sich niemand wirklich dafür interessiert – musste man ja auch nicht angesichts steigender Märkte. Ex Post betrachtet wäre es allerdings nicht schlecht gewesen. Aber hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer.

DAS INVESTMENT.com:
Ist man das? Der nächste Crash scheint nicht weit.

Boehmer:
Es ist nicht mehr so, wie es vorher war. Nach der letzten Krise sind massiv Risikomanager eingestellt worden. Die Stellenanzeigen waren und sind voll mit Gesuchen. Auch unser Master-Abschluss in Risk and Investment Management wird enorm stark nachgefragt. Risikomanagement hat inzwischen einen hohen Stellenwert bei Asset-Managern. Das wird auch so bleiben.

DAS INVESTMENT.com:
Wie funktioniert Risikomanagement in unsicheren Zeiten wie diesen?

Boehmer:
Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten Risiko, in Form schwankender Kurse, kurz Volatilität, zu minimieren. Das hat sich nicht geändert. Erstens, die Streuung des Vermögens über verschiedene Asset-Klassen, die sich nicht gleich verhalten. Zweitens, über Hedging. Statt zu 100 Prozent in Aktien zu investieren, setze ich einen Teil beispielsweise auf entsprechende Indexfutures, die Kursschwankungen abfedern. Drittens gibt es einseitige Absicherungsstrategien. Dabei federe ich nicht nur die Bewegung nach unten ab, sondern will auch dabei sein, wenn die Kurse anziehen. 

DAS INVESTMENT.com:
Immer mehr Asset-Klassen bewegen sich in die gleiche Richtung. Eine breite Streuung meines Portfolios schützt dann kaum noch vor Verlusten.

Boehmer:
In Extremphasen und auf kurze Sicht schützt die Streuung über mehrere Asset-Klassen nicht. Sie schützt auch generell nicht vor kurzfristigen Extremverlusten. Dafür wurde sie auch nicht geschaffen. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Strategie nicht funktioniert. Auf lange Sicht, fünf bis zehn Jahre, kann man so durchaus gleichmäßige Erträge erwirtschaften.

DAS INVESTMENT.com:
Was nehme ich denn künftig als annähernd risikolose Anlage?

Boehmer:
Staatsanleihen haben immer noch ein niedriges Risiko. Kurzläufer sind traditionell risikofrei. Da hat sich nichts geändert. Das können Sie auch an den Prämien der Ausfallversicherungen ablesen, den sogenannten Credit Default Swaps, kurz CDS. Bei sehr vielen Ländern liegen sie noch unter 50 Basispunkten. Das ist kein großes Kreditrisiko.

DAS INVESTMENT.com:
Dafür sind sie inzwischen negativ verzinst.

Boehmer:
Sicherheit kostet immer Performance. Und Rendite gibt es nicht ohne Risiko. Will ich wenig Risiko, kann ich durchaus in Staatsanleihen investieren, und das Ausfallrisiko sogar noch am Terminmarkt oder über CDS absichern. Bin ich bereit, Risiko zu tragen, kann ich auf ein gut gestreutes Portfolio setzen, dessen risikofreierer Teil aus Währungen, Gold, Immobilien und Staatsanleihen besteht oder eben auch zum Teil gehedgt ist. Grundsätzlich sollte man jedoch viel weniger in Asset-Klassen denken, sondern viel mehr in Risikofaktoren.

DAS INVESTMENT.com:
Was heißt das?

Boehmer:
Für jeden Anleger sind andere Risikofaktoren relevant. Man muss sich genau überlegen, welchen Risikofaktoren man ausgesetzt sein will. Alle anderen kann man dann absichern. Zum Beispiel ist für Pensionsfonds das Inflationsrisiko wichtig, weil der Anleger ein bestimmtes Einkommensniveau aufrechterhalten möchte. Es gibt einfach nicht das eine für alle perfekt passende Risikomanagement.

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