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Aktualisiert am 11.08.2011 - 09:57 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 6 Minuten

Das Gesetz zum Anlegerschutz: Reaktionen aus der Branche

Festbeleuchtung im Reichstagsgebäude: Das Anlegerschutzgesetz <br>ist verabschiedet, Quelle: Fotolia
Festbeleuchtung im Reichstagsgebäude: Das Anlegerschutzgesetz
ist verabschiedet, Quelle: Fotolia
Die Politiker der Regierungskoalition sind zufrieden. Der monatelange Streit zwischen Wirtschafts- und Finanzministerium um die Regulierung des Finanzvertriebs geschlossener Fonds wurde in einem eigenen Entwurf zunächst hinten angestellt; so konnte das im Zuge der Finanzkrise vom Wirtschaftsministerium erarbeitete „Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes“ nach der Zustimmung des Finanzausschusses vom Bundestag verabschiedet werden. Das Gesetz gilt für die bis zu 300.000 Köpfe starke Gruppe der Berater in Banken und Finanzinstituten.

Krise als Regulierungsauslöser

Dementsprechend erleichtert fällt das Fazit der Politiker aus. „Mit dem Anlegerschutzgesetz bekämpfen wir die Unsicherheit von Anlegern und stärken so den Finanzplatz Deutschland“, sagt Mechthild Heil, Verbraucherschutzbeauftragte der Unions-Bundestagsfraktion. Sie hebt hervor, dass die Finanzkrise gezeigt habe, dass bei der Beratung nicht immer das Kundeninteresse im Vordergrund stand.

„Das Gesetz verlangt nun einen Sachkundenachweis. Jeder Anlageberater muss sich zudem bei der Finanzaufsichtsbehörde Bafin registrieren lassen“, so Heil. Beschwerden muss die Behörde nachgehen, bei schwerwiegenden Verstößen eines Beraters kann dieser laut Entwurf mit einem bis zu zwei Jahre dauernden Beratungsverbot belegt werden.

SPD wollte Finanz-TüV, Grüne sehen Lücken mit System

Die Opposition lehnt das Register ab. SPD-Finanzexperten bezeichnen das Gesetz als „Etikettenschwindel“ und das geplante Bankberater-Register als „bürokratisches Monster“. Man traue es 20 Mitarbeiter der Bafin nicht zu, ein Register von Hunderttausenden Bankern zu verwalten.

Eine „Sünderkartei“ mit Beratern, die ihre Pflichten vernachlässigt haben, wäre effektiver gewesen. „Wir bräuchten eigentlich einen echten Finanz-TÜV, aber den sehe ich nicht“, moniert Karsten Sieling, SPD.

Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, beklagt große Lücken: Die etwa 80.000 freien Vermittler würden nicht von der Bafin-Kontrolle erfasst. „Sie sind vor den Verbänden eingeknickt“, wirft Schick den Koalitionsfraktionen vor.

Unverständlich sei zudem, dass auch Zertifikate weiterhin unreguliert blieben, so Schick. Dabei hätten diese Finanzprodukte ein größeres Volumen als die offenen Immobilienfonds. Sein Fazit: „Die Lücken haben System, die Lücken sind groß und die Lücken werden die Bürger teuer zu stehen kommen.“

Neue Haltefristen für Immobilienfonds

Ein Kernthema des Anlegerschutzgesetzes sind die neuen Halteregeln für offene Investmentfonds. Sie sehen für neue Investoren eine zweijährige Haltefrist vor. Pro Halbjahr dürfen Anteile bis zu einer Höhe von 30.000 Euro zurückgegeben werden.

Der Hamburger Fachanwalt Peter Hahn, Hahn Rechtsanwälte, kritisiert diese als „viel heiße Luft, die geschädigten Anlegern gar nichts bringt“. Die neuen Halteregelungen kämen zu spät, denn aktuell nehmen immer noch acht Immobilienfonds mit einem Investitionsvolumen von 22 Milliarden Euro keine Anteile zurück. Weitere drei Fonds mit einem Volumen von etwa drei Milliarden Euro befinden sich bereits nach zweijähriger Schließung in Abwicklung, so das Fazit Hahns.

Kommt das Gesetz zu spät?

Während einige der offenen Immobilienfonds wie der KanAm Grundinvest und der SEB ImmoInvest bis Mai 2012 Zeit haben, läuft für andere die Frist früher ab: Die Fonds Axa Immoselect, Degi International und Degi Global Business haben die Rücknahme von Fondsanteilen bis November 2011 ausgesetzt. Sollte dann keine ausreichende Liquidität vorhanden sein, müssen auch diese Fonds abgewickelt werden.

„Für beide Fallkonstellationen kann das neue Gesetz dem geschädigten Anleger keine Lösung anbieten, weil es erst zum 1. Januar 2012 in Kraft treten soll“, kritisiert Hahn. Zuvor muss das Gesetz allerdings noch den Bundesrat passieren.

VuV beklagt falschen Ansatz

Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) bemängelt demgegenüber, dass die Finanzausbildung zu wenig gefördert werde. Sie sei das wichtigste Mittel, um einer Falschberatung entgegenzuwirken.

„Eine Grundausbildung im Finanzbereich gehört in jeden Lehrplan. Auch ältere Menschen sollten in der Geldanlage fit gemacht werden. Denn diese Kundengruppe wird oftmals mit vollmundigen Versprechungen gelockt und vertraut auf die Empfehlung des Beraters“, sagt VuV-Vorstand Günter Schlösser.
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