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Aktualisiert am 27.08.2020 - 16:38 UhrLesedauer: 3 Minuten
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David McFadyen, Kames Capital „Darum investieren wir nicht in Envision Healthcare“

David McFadyen, Spezialist für Hochzinsanleihen bei Kames Capital
David McFadyen, Spezialist für Hochzinsanleihen bei Kames Capital

Bei Kames Capital haben wir jüngst eine Neuemission unter die Lupe genommen, mit der die US-Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts (KKR) den Kauf des US-Gesundheitsdienstleisters Envision Healthcare finanzieren will. Envision vermittelt Ärzte für Kliniken, die ihre Notaufnahmeaktivitäten auslagern wollen.

In der Regel legen wir bei unseren ESG-Analysen großen Wert auf das „G“ für Governance beziehungsweise gute Unternehmensführung. Im Fall des Kaufs von Envision durch KKR lässt uns jedoch das „S“ für „Sozial“ aufhorchen. Gesundheit ist ein gesellschaftliches Gut. In den USA wird diese Grundannahme jedoch immer wieder auf die Probe gestellt: Das dortige System krankt an einer unglaublichen Komplexität, die für Ausländer, die beispielsweise das britische Gesundheitssystem NHS gewöhnt sind, geradezu ungeheuerlich erscheint.

Obgleich in den USA die Arzneimittelpreise explodieren, der Krankentransport zum Teil aus der eigenen Tasche bezahlt werden muss und 5.000 Dollar allein als „Entlassungsgebühr“ anfallen können, geht es denjenigen, die überhaupt eine Krankenversicherung haben doch noch ganz gut, oder?

Hohe Gesundheitskosten in den USA

Nicht unbedingt. US-Krankenversicherer unterscheiden häufig zwischen Vertragskliniken und -leistungen und ausgelagerten Kliniken oder Diensten („in-network“ bzw. „out-of-network“). Dabei übernehmen die Unternehmen bei der Behandlung durch Vertragspartner einen höheren Kostenanteil. Andernfalls müssen Patienten unter Umständen die komplette Rechnung selbst übernehmen. Im Notfall müssen Betroffene daher unbedingt darauf achten, dass sie in eine Vertragsklinik kommen.

Auf diese Weise befinden sie sich innerhalb des Netzwerks, werden ärztlich versorgt, entlassen und alles ist gut. Bis die Rechnung kommt. Auf einmal stellt sich heraus, dass man in eine Vertragsklinik gelangt ist, die ihre Notaufnahme an Envision Healthcare ausgelagert hat und dass man von einem Envision-Arzt behandelt wurde. Und plötzlich handelt es sich leider nicht mehr um eine Leistung eines Vertragspartners.

Der Krankenversicherer United Health befindet sich aus diesem Grund in einem offenen Streit mit Envision. Das Management prangert sogar in einem eigens reservierten Bereich auf seiner Website die Abrechnungspraktiken von Envision Healthcare an. Schätzungen von United Health zufolge ist das durchschnittliche Honorar der Ärzte von Envision drei Mal höher als bei Medicare – für dieselbe Leistung.

Die Universität Yale hat jüngst ebenfalls ein Arbeitspapier zu den Envision-Praktiken vorgelegt. Darin wird Envision unterstellt, dass es bei der Übernahme von Notfallambulanzen die Zahl der ausgelagerten Leistungen absichtlich in die Höhe treibt und dafür wesentlich höhere Kosten in Rechnung stellt als konkurrierende Unternehmen. Auch die New York Times hat einen vernichtenden Artikel über die Praktiken von Envision publiziert, der zu einer Untersuchung durch den US-Senat und Aktionärsklagen geführt hat.

Hohe Rechnungen für Envision-Patienten

Envision stellt Patienten Kosten gern direkt in Rechnung statt über einen Krankenversicherer abzurechnen. Der Anteil des „Selbstbeteiligungs-Geschäfts“ stellt in den Bilanzen des Unternehmens nur 13 Prozent der Behandlungsverfahren, aber 46 Prozent des Gesamtumsatzes dar. Viele Patienten können die hohen Rechnungen von Envision nicht begleichen. So entstehen massive Rückstellungen für uneinbringliche Forderungen.

Envision-Mitarbeiter behaupten regelmäßig, dass US-Krankenversicherer versuchen, eine angemessene Vergütung von Kliniken oder Ärzten zu vermeiden und stattdessen die Kosten den Patienten aufzubürden. Unseres Erachtens profitiert das Geschäftsmodell jedoch offensichtlich von jenen Patienten, die zwar in einer Vertragsklinik behandelt werden aber nicht von einem Vertragsarzt. Cashflows, die vor allem auf undurchsichtigen Praktiken statt auf Transparenz beruhen, sind unseres Erachtens per se kaum nachhaltig und taugen daher nicht für unsere Fonds.

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