Demografie: Was die Börsen bewegt
Thomas Hartauer: Das sehe ich anders. Allein durch die Tatsache, dass wir immer mehr werden und immer älter, wächst der Umsatz der weltweiten Gesundheitsbranche im Schnitt um 2,5 Prozent pro Jahr. Das heißt zwar nicht, dass jeder Subsektor gleich stark verdient und es keine Gewinner und Verlierer gibt. Aber der Gesundheitssektor profitiert eindeutig vom demografischen Wandel.
Kann ich als Investor damit Rendite erzielen oder nicht?
Hartauer: Im Fall des Gesundheitssektors auf jeden Fall. Der Lacuna Adamant Asia Pacific Health hat seit Auflegung im März 2006 ein Plus von 9 Prozent erzielt, trotz Finanzkrise.
Lingnau: Meiner Meinung nach ist der Erfolg nicht auf der Mikroebene zu suchen, sondern auf der volkswirtschaftlichen, der Makroebene. Beispiel Japan: Das Land ist kein Sonderfall, sondern hat seine Probleme nur früher bekommen. Japan hat seine Babyboomer nämlich zwischen 1947 und 1949 gehabt, der geburtenstärkste Jahrgang war 1949. Es gibt keinen Investmentfonds, der in den vergangenen 22 Jahren ein Plus in Japan gemacht hat, also seit dem Zeitpunkt, als die Babyboomer-Generation in die 40er gekommen ist. In den USA war das geburtenstärkste Jahr 1959, in Deutschland 1964, und in China war es eher eine Periode bis Anfang der 70er Jahre.
Nareike: Die Makroebene ist ja keine Raketenwissenschaft. Aber kaum ein Kunde hat die Geduld, das auch auszusitzen. Wir sind aktive Fondsmanager. Wir beachten eben nicht nur die Makroebene, sondern machen Stockpicking. Es ist durchaus ein Unterschied, ob ich eine Toyota kaufe oder eine BMW oder eine Fresenius oder eine Unicharm. Meiner Meinung nach ist es ganz entscheidend, dass man sich die einzelnen Unternehmen anschaut. Nur jene, die es verstehen, sich am besten auf den demografischen Wandel einzustellen, werden langfristig Erfolg haben. Auch in Japan kann ich Ihnen zahlreiche Aktien nennen, die in den kommenden 20 Jahren sehr wahrscheinlich Geld verdienen werden.
Lingnau: Aber kein Fondsmanager hat es in den vergangenen 22 Jahren geschafft, einen positiven Ertrag zu erzielen.
Nareike: Ja, weil sie nur den Markt abbilden. Ein professioneller Fondsmanager sucht ja gerade das aus, was in dieser Zeit vermeintlich das Beste ist.
Klappt aber nicht immer.
Nareike: Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass wir immer richtig liegen. Aber wir erhöhen die Wahrscheinlichkeit, es richtig zu machen.
Lingnau: Ich habe das mal durchgerechnet. Wenn man in den vergangenen 42 Jahren mit börsennotierten Fonds, den ETFs, nur nach unseren demografischen Kriterien investiert hätte, hätte man statt der 3.100 Prozent des MSCI World 38.000 Prozent erzielt.
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Axel Stiehler: Aber das nur an der Demografie festzumachen, funktioniert nicht. Wir haben doch mehrere Entwicklungen gleichzeitig: exponentielles Wachstum der Bevölkerung, exponentielles Wirtschaftswachstum, Klimawandel und das Ende des Finanzzeitalters. Der Anteil des Finanzvermögens in den USA ist zwischen 1982 und 2007 von 450 auf über 1.000 Prozent relativ zum Bruttoinlandsprodukt gewachsen. 2008 ist diese enorme Blase geplatzt und immer noch nicht ganz verdaut.