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„Der Kursanstieg beruht nicht auf Überzeugungs-Käufen“

Guy Wagner
Guy Wagner
Die Börsenentwicklung Anfang 2012 erinnert stark an die Situation vor einem Jahr: Der S&P 500 hat seit Ende November 2011 16,4 Prozent zugelegt. Zum Vergleich: Zwischen Ende November 2010 und Mitte Februar 2011 registrierte er ein Plus von 13 Prozent. Genau wie damals scheint die aktuelle Rallye vom Eindruck getrieben, dass vor allem die US-Wirtschaft wieder anzieht. Und die Arbeitsmarktdaten vom Januar scheinen diesen Eindruck zu untermauern: Es wurden 243.000 neue Stellen geschaffen, und die Arbeitslosenquote ist auf 8,3 Prozent gesunken.

Zahlreiche Anleger unterschätzen jedoch weiterhin, wie schwierig es für die Industrieländer sein wird, sich aus der enormen Schuldenfalle zu befreien. Dabei sind aus der Wirtschaftsgeschichte zwei Tatsachen bekannt:

• Das Wirtschaftswachstum sinkt ab einem gewissen Verschuldungsniveau deutlich.

• Ein Überschuldungsproblem lässt sich nicht durch die Anhäufung weiterer Schulden lösen.

Besonders beunruhigend erscheint mir, dass die Staaten und Währungsbehörden ihre verfehlte Politik, die den Ausgangspunkt der aktuellen Probleme bildet, nicht nur fortsetzen, sondern noch stärker forcieren: Die Notenbanken experimentieren mit immer abenteuerlicheren Strategien, ohne auch nur die leiseste Ahnung von den langfristigen Konsequenzen dieser Strategien zu haben. Die unmittelbare positive Reaktion der Märkte auf diese Maßnahmen ist kein Grund, diese gut zu heißen.

Der Kursanstieg seit November 2011 beruht zudem offenbar nicht auf überzeugungsbasierten Käufen. Es verbirgt sich auch keine geänderte Investmentstrategie institutioneller Anleger dahinter, dahingehend, dass sie zum Beispiel Anleihen in Aktien umschichten würden. Die Ursache sind vielmehr Eindeckungen nach Leerverkäufen sowie die Angst einiger Fondsmanager, hinter dem Referenzindex zurückzubleiben. Dieser spekulative Charakter der aktuellen Rallye zeigt sich auch in der Tatsache, dass die größten Kursgewinner oft jene Werte sind, die 2011 am stärksten eingebrochen waren.

Die Voraussetzungen für einen strukturellen Haussemarkt fehlen

Im Mai 2011 schrieb ich in meinem Artikel „Aktien am Scheideweg“, dass wir uns als Anleger letztlich entscheiden müssen: Sind die Voraussetzungen für einen neuen strukturellen Haussemarkt gegeben – oder nicht? Sollten sie gegeben sein, wäre es nicht zu spät zu kaufen und langfristig in den Aktienmärkten zu bleiben, ohne bei eventuellen vorübergehenden Korrekturen nervös werden zu müssen.

Ich glaube jedoch nicht, dass diese Voraussetzungen gegeben sind. Ganz im Gegenteil: Die beiden für den Kursverlauf entscheidenden Faktoren könnten die Börse meines Erachtens sogar belasten.