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Der Megatrend auf dem Prüfstand Nachhaltig anlegen – was heißt das eigentlich?

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Man kann den Drang als Getue von Gutmenschen abtun. Man muss die Einstellung auch nicht teilen. Es ist auch nicht Ziel dieses Berichts, etwas zu be- oder verurteilen. Man sollte die Tendenz zur Nachhaltigkeit aber ernst nehmen. Die Fondsbranche ist schon dabei und rüstet auf. Im November startete State Street das System ESGX, mit dem man nachhaltige Anlagen angeblich noch komfortabler verwalten kann. Die Schweizer UBS hat für ihre Fondstochter einen Sechserpack an Nachhaltigkeitsexperten angeworben und will ESG-Anlagen in die gesellschaftliche Mitte hieven. Und mit Ofi Asset Management kommt jetzt eine französische Fondsgesellschaft nach Deutschland, deren erklärter Schwerpunkt sozial verantwortungsvolle Anlagen sind. Seit über 20 Jahren. Ein Interview mit dem Firmenchef lesen Sie hier. Das sind nur drei Beispiele dafür, wie sich der Markt gerade bewegt.

Noch in den 90er Jahren wollten hauptsächlich als Strickpulli-Träger abgestempelte Privatanleger und vielleicht noch kirchliche Großanleger ihre eigenen moralischen Vorstellungen in den Geldanlagen umsetzen. Die ESG-Pioniere der Fondsgesellschaft Ökoworld wurden milde belächelt, als sie ihre Fonds mit umweltfreundlichen Unternehmen bestückten. Wo früher aber noch hauptsächlich Ideale herrschten, erscheinen mehr und mehr ganz rationale Gedanken. „Heute tritt es zunehmend in den Vordergrund, dass ESG-Kriterien schlicht und ergreifend zusätzliche Risiken messen, die so in Bilanzen und Geschäftsberichten zunächst nicht sichtbar sind. Sie sind damit eine wichtige ergänzende Information für Anleger“, erklärt Daniel Sailer, Vizepräsident bei MSCI ESG (Interview hier). Der Ableger des Indexanbieters MSCI ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Anbieter von ESG-Analysen.

In der Tat hat sich selbst in der profitorientierten Wirtschaft der Zeitgeist geändert. Luft, Umwelt und Wasser galten lange Zeit als kostenlose Komponenten in der Betriebswirtschaft, mit denen man ungestraft schludern durfte. Waren ja schließlich unbegrenzt verfügbar. Das ist heute anders. Abgasnormen entstehen, es kostet Geld, Müll zu verklappen, und in manchen Regionen wird das Wasser knapp. Fehltritte erzeugen in Sozialen Netzwerken zunehmend Wellen der Abscheu, und der Klimawandel ist zum politischen Thema geworden. Der ehemalige Vorzeigekonzern VW bekam das hart zu spüren (alle Twitter-Nachrichten zu #Dieselgate).

Apropos: Bei MSCI ESG hat sich ein Analyst mit dem Dieselproblem beschäftigt. Die Frage lautete: Wie sehr steigen die durchschnittlichen Abgaswerte von Fahrzeugflotten, wenn der Absatz der bisher so sparsamen Diesel bis 2021 um 30 Prozent einbricht? Und welche EU-Strafen würden durch die erhöhten Abgase fällig? Er errechnete, dass Ford mit 5,6 Milliarden Euro wohl am meisten zahlen müsste, während Peugeot und Toyota ungeschoren davonkommen könnten. So wandeln sich die Befindlichkeiten vermeintlicher Ökos in knallharte wirtschaftliche Risiken.

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