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„Deutschland profitiert von der Eurokrise weniger als vermutet“

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assènagon
Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assènagon
Noch ist unsicher, ob das neue Griechenlandpaket der Europäer in Höhe von 130 Milliarden Euro auch wirklich kommen wird. Aber wenn es der Fall sein sollte, dann gehen die Wehklagen über die hohen Zahlungen der Gläubiger- an die Schuldnerländer wieder los. Die Währungsunion verkomme zu einer Transferunion. Sie sei ein Fass ohne Boden. Wir kennen das. Es ist vor allem in Deutschland verbreitet.

Ich möchte dazu einen Kontrapunkt setzen. Ich stelle die These auf, dass es bei den Zahlungen der Gläubiger- an die Schuldnerländer nicht in erster Linie um einen Akt der Solidarität der Starken für die Schwachen geht. Darüber könnte man vielleicht diskutieren und dafür gibt es sicher Grenzen.

Ökonomisch sind sie – zumindest zum Teil – ein Recycling von Geldern, die zuvor von den Schuldner- zu den Gläubigerländern "geflüchtet" sind. Die Schuldnerstaaten bekommen zurück, was ihnen vorher gehörte. Im Übrigen sind die Transfers auch ein Ausgleich dafür, dass die Finanzmärkte der Gläubigerstaaten von den Fluchtgeldern erheblich profitiert haben.

Deutschland, der Euro-Profiteur

Normalerweise begründet man die Transfers damit, dass die Gläubigerländer Nutznießer der festen Wechselkurse in der Währungsunion sind. „Dafür müssten sie bereit sein zu zahlen“, so die deutsche Bundeskanzlerin immer wieder.

Dieses Argument steht aber auf nicht sehr stabilen Beinen. Es ist zwar richtig, dass der Euro der deutschen Wirtschaft im Exportgeschäft hilft. Der Nutzen ist aber bei Weitem nicht so groß wie viele vermuten.

Der Anteil der deutschen Exporte, die in den Euroraum gehen, liegt inzwischen unter 40 Prozent. Zu Beginn der Währungsunion betrug er noch 45 Prozent. Die deutschen Lieferungen in die rasch wachsenden Schwellenländer, vor allem nach China, nehmen trotz schwankender Wechselkurse erheblich schneller zu, als die Ausfuhren in die Länder des Euroraums.

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