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"Die Angst vor Inflation ist unbegründet"

Harald Preißler
Harald Preißler
Das Interview wurde DAS INVESTMENT.com zur Verfügung gestellt vom Anleihenmanager Bantleon.

Einige Kapitalmarktexperten warnen vor einer stark steigenden Inflation in der Eurozone. Ist die Sorge berechtigt?


Harald Preißler: Eine Inflation setzt voraus, dass zu viel Geld im Umlauf ist. Dies ist derzeit aber nicht der Fall. Tatsächlich ist das Geldmengenwachstum so gering wie seit 20 Jahren nicht mehr. Seit dem Herbst 2008 wächst die Geldmenge in der Eurozone durchschnittlich um etwa 3 bis 4 Prozent pro Jahr, davor waren es 7 bis 8 Prozent jährlich. Mit dem Geld der Notenbanken stopfen wir lediglich Löcher, wir blähen aber nicht die Nachfrage an den Gütermärkten auf.

Tatsächlich musste die Liquiditätsversorgung durch die Maßnahmen der Notenbanken gestützt werden, weil sich die Banken untereinander kein Geld mehr leihen. Ein Vergleich mit der Hyperinflation in den Jahren 1922/23 hinkt. Zwischen 1914 und 1921 sind Bargeld- und Zentralbankgeldmenge um das 20-Fache gewachsen. Diese Gefahr besteht in den kommenden Jahren definitiv nicht.

Und selbst wenn die Geldmenge wie in der Vergangenheit um 7 bis 8 Prozent jährlich wachsen würde, dann hätten wir zwar Inflation, aber nicht in der realen Wirtschaft, sondern an den Finanzmärkten. Dann würden Anlageblasen entstehen, etwa am Immobilienmarkt, am Anleihenmarkt und am Aktienmarkt.

Wir haben das Problem, dass die Finanzmärkte so sehr mit sich selbst beschäftigt sind, dass das ganze Kapital gar nicht in der Realwirtschaft ankommt, sondern im Finanzmarkt von einer Anlage zur nächsten wandert und dort eine Blase nach der anderen entsteht. Die Preissteigerungsrate in der Eurozone dürfte sich in den nächsten Jahren weiter zwischen 1 und 3 Prozent bewegen.

Ist die Angst vor einer starken Geldentwertung also zurzeit tatsächlich unbegründet?

Preißler: Auf absehbare Zeit schon. Allerdings wird die EZB umsteuern müssen, sobald sich die Lage wieder normalisiert. Wenn die Krise der Eurozone überwunden ist und die Wirtschaft wächst, dann muss die Zentralbank Geld wieder aus dem Verkehr ziehen. Dazu hat sie wöchentlich die Möglichkeit, wenn die Banken ihre EZB-Kredite zurückzahlen. Dann dürfte die Notenbank automatisch einen Teil des Geldes wieder einsammeln.
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