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„Die Erholung kommt dieses Mal aus den G7-Staaten“

Matthias Hoppe
Matthias Hoppe
DAS INVESTMENT.com: Mit Janet Yellen steht die Nachfolgerin von US-Notenbankchef Ben Bernanke bereits fest. Wie wird sich der Personalwechsel auf die Finanzmärkte auswirken?

Matthias Hoppe:
Es wird in der Öffentlichkeit und Presselandschaft viel Aufsehen darum gemacht. Auch Frau Yellen hat selber dazu beigetragen. Sie hat den Amerikanern beispielsweise versprochen, sich nach ihrem Amtsantritt im Januar um die US-Arbeitslosigkeit zu kümmern. Generell muss man sich allerdings mal fragen, was Geldpolitik überhaupt bewirken kann – und was nicht.

Was kann die Federal Reserve denn nicht?

Hoppe:
Ein Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Arbeitsmarkt besteht jedenfalls nur indirekt. Es ist ein Irrtum zu denken, dass einfach solange Geld gedruckt werden muss bis die Arbeitslosigkeit auf ein gewünschtes Niveau fällt. Die höhere Arbeitslosigkeit der USA ist ein strukturelles Problem. Die Geldpolitik einer Zentralbank indes kann höchstens etwas bei zyklischer Arbeitslosigkeit bewirken. Stattdessen schafft eine lockere Geldpolitik, wie sie seit Jahren in den USA betrieben wird, womöglich Inflation. Letztere nicht unbedingt bei den Verbraucherpreisen, dafür aber bei einzelnen Anlageklassen.

Viel Unruhe entstand am Markt durch die unerwartete Ankündigung eines Taperings, die Verlangsamung der Anleihekäufe der US-Notenbank.

Hoppe:
Auch dieses Thema wird sehr heiß gekocht. . Selbst wenn es mit dem Tapering 2014 irgendwann losgehen sollte, bleibt die Fed Nettokäufer von US-Staatsanleihen. Sie fährt lediglich die Höhe der Ankäufe zurück. Die Anleihen, die sie bereits in ihrer Bilanz hat, gibt sie allerdings nicht an den Markt zurück. Theoretisch könnte sie die Staatsanleihen bis zur Fälligkeit halten. Bis dahin bleibt die geschaffene Liquidität im Markt. Dazu kommt, dass seit Amtsantritt von Premier Shinzo Abe Japans Zentralbank massiv Liquidität in den Markt gibt. Somit dürfte sich die globale Liquidität an den Finanzmärkten nicht allzu schnell verknappen.

Wie wirkt sich das auf Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen aus?

Hoppe:
Die Rendite von Treasuries sind nach den Ankündigung der Fed eines möglichen Taperings stark gestiegen. Die Trendwende gab es allerdings bereits im Sommer 2012 als zum einen sich die Wirtschaftsdaten in den USA aufgehellt haben und klar wurde, dass Spanien keinen Bailout braucht.

Damit dürfte wieder mehr Kapital in die USA fließen?

Hoppe:
Die Tendenz dürfte es geben, das stimmt. Nehmen sie die Schwellenländer. Dort sind die Renditen von Anleihen ähnlich wie in die USA gestiegen. Allerdings fließen den Emerging Markets seit 2010 weniger privates Kapital zu. 2007 machten die privaten Kapitalzuflüsse noch 9 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Heute sind es nur noch 4 Prozent. Das hat damit zu tun, dass sich das Wachstum der Schwellenländer verlangsamt. Die Attraktivität fällt und, wie im Falle der USA, steigt die Attraktivität anderer Weltregionen wieder, sodass Anleger ihr Kapital verlagern. Als Folge haben auch die Währungen aller Emerging Markets bis auf wenige Ausnahmen gegenüber dem US-Dollar abgewertet.

Wie sehen Sie US-Aktien im Vergleich zu Anleihen?

Hoppe:
Wir sind der Meinung, dass US-Aktien derzeit sehr teuer sind. Die USA befinden sich zwar im Wirtschaftszyklus in der Aufschwungsphase, der Markt hat das aber bereits sehr stark eingepreist. In unseren globalen Multi-Asset-Fonds haben wir einen Teil der US-Aktien-Allokation  daher erst gehedged und jetzt sogar zurückgefahren. Einzelne Opportunitäten gibt es aber sicherlich noch zu finden.

Wo finden Sie auf der Anleihenseite denn noch attraktive Renditen?

Hoppe:
Bei Unternehmensanleihe, Investment Grade sowie High Yield, sind die Risikoprämien in den USA bereits soweit gefallen, dass wir mittlerweile europäische bevorzugen. Zudem hat der Renditeanstieg der US-Treasuries zur Folge, dass das Zinsänderungsrisiko für US-Corporates im Vergleich zu europäischen Unternehmensanleihen viel höher ist.

Ansonsten gibt es noch attraktive Renditen bei Schwellenländern. Allerdings schauen wir da sehr genau, dass das Land, aus dem die Anleihe stammt, über starke Fundamentaldaten verfügt. Das gilt im Übrigen auch für Aktien aus den Emerging Markets.

Ein Beispiel bitte.

Hoppe:
Nehmen sie Brasilien. Brasilianische Aktien sind derzeit historisch und im Vergleich zu anderen Schwellenländern relativ günstig bewertet. Allein die Bewertung ist uns aber zu wenig, denn in Brasilien sehen wir auf Unternehmensseite kein Gewinnmomentum und -wachstum. Zudem hat Brasilien makroökonomische Schwierigkeiten. Dazu zählen eine restriktive Geldpolitik, hohe Inflation und strukturelle Probleme.

Mexiko ist ein Gegenbeispiel. Das Land profitiert von der Erholung der US-Wirtschaft, kürzlich angestrengten Strukturreformen und einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China. Einige US-Unternehmen, die Ende der Neunziger Jahre ihren Produktionsstandort von Mexiko nach China verlagert haben, kommen nun zurück. Allerdings sind mexikanische Aktien in der Gesamtheit bereits sehr teuer, auch wenn Stockpicker sicherlich noch einige gute Titel finden dürften.

Wo finden Sie denn Märkte, deren Aktien nicht zu teuer sind und wo auch das Marktumfeld positiv ist?

Hoppe:
Wir sind momentan positiv eingestellt, was europäische Aktien angeht. Vor allen Dingen auch im Vergleich zu US-Aktien. Für Europa erhöhen wir die Positionen in unseren Portfolios peu à peu seit August. Grund dafür ist, dass sich die Situation der Peripheriestaaten seit einiger Zeit verbessert, wenn auch noch nicht stark. Wir wollen aber in der frühen Phase des europäischen Aufschwungs investieren.

Wäre es für Europas Comeback wichtig, dass sich das globale Wirtschaftswachstum beschleunigt?

Hoppe:
Das ist natürlich wichtig. Interessanterweise kommt die globale Erholung dieses Mal aus den G7-Staaten. Das zeigen diverse Frühindikatoren wie der globale Einkaufsmanager-Index oder die Indikatoren der OECD. Die Wirtschaftsdaten der großen Industriestaaten verbessern sich dieses Mal alle deutlich schneller als bei den Emerging Markets.

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