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Die große Robo-Advisor-Interview-Reihe | Visualvest „Wir gehen von radikalen Fortschritten in Sachen Anlageberatung und Technologie aus“

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Regulierung

Ab welchem Gesamtvolumen oder ab welcher durchschnittlichen Anlagesumme pro Kunde können Sie profitabel arbeiten?

Es ist unser Ziel, dass VisualVest langfristig profitabel wird. Gleichwohl haben wir das Ziel, unter Marktbedingungen neue Vertriebsmodelle im Internet rund um Online-Beratung und Angebote zur Geldanlage für Privatanleger zu erproben und mit VisualVest ein Forschungs- und Innovationslab in der genossenschaftlichen Finanzgruppe zu etablieren.

Verbraucherschützer und andere Marktteilnehmer fordern ein Ende der klassischen Provisionsberatung. Anlageberater sollen nicht mehr vom Produktanbieter, sondern direkt von den Kunden bezahlt werden. Wie groß wäre der Schub, der Ihnen ein Provisionsverbot verleihen würde?   

Mit einem großen Schub rechnen wir nicht. Schaut man sich das Beispiel Großbritannien an, gab es dort durch das Provisionsverbot keinen großen Push für die Robo-Advisor.

Zwar haben Finanzanlagenvermittler weniger Pflichten im Bereich Dokumentation zu erfüllen, dürfen aber streng genommen gar keine Anlageberatung anbieten. Deshalb bemühen sich aktuell einige Robo-Advisor um eine Bafin-Lizenz. Welchen rechtlichen Status hat Ihr Unternehmen?

VisualVest ist Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Gewerbeordnung; Bundesrepublik Deutschland. Dabei sind die Beratungs- und Vermittlungsleistungen der VisualVest auf Investmentanteile beschränkt.

Welche Nachteile ergeben sich für Robo-Advisor, die als Finanzanlagenvermittler (§ 34f) tätig sind?

Mit der Lizenz als Finanzanlagenvermittler nach §34f bietet sich uns die Möglichkeit, die Zielgruppe der onlineaffine Privatanleger ohne ein vertieftes Finanzwissen für einmalige beziehungsweise regelmäßige Geldanlage in weniger komplexe Instrumenten (Fonds) zu begeistern. Wir halten die 34f-Lizenz für unser Modell für ausreichend und sehen kaum Nachteile.

Bemühen Sie sich aktuell um eine Bafin-Lizenz?

Nein, wir bemühen uns derzeit nicht um eine BaFin Lizenz.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Gesetzeslage in Bezug auf die Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten von Fintechs?

Die BaFin hat auf der BaFin-Tech die Aussagen für Robo-Advisor konkretisiert. Die vorhandenen Vorschriften bieten den Anlegern ausreichend rechtlichen Schutz, aber auch Wachstumsmöglichkeiten für FinTechs.

Welche aktuellen Regelungen bremsen das Wachstum Ihres Unternehmens am stärksten?

Wir nehmen regulatorische Vorgaben und Themen des Verbraucherschutzes sehr ernst und sehen diese Vorgaben nicht als bremsenden Faktor für die VisualVest, sondern eher eine Chance, Kunden von unserem Angebot zu überzeugen.

Welche in letzter Zeit angekündigten oder umgesetzten Regelungen ärgern Sie?

Das jüngste Rundschreiben der BaFin zur Video-Legitimation hat in den ersten Tagen für einige Unsicherheit zur Aufrechterhaltung einer vollständig digitalisierten Anlageberatung und Depoteröffnung gesorgt und wurde nun zunächst zurückgezogen. Hier wäre zum Beispiel ein frühzeitiger Austausch mit den betroffenen Unternehmen hilfreich gewesen.

Teil des Mifid-ll-Regulierungskomplexes ist die sogenannte Product Governance: Fonds-Vermittler müssen regelmäßig überprüfen, ob das vermittelte Produkt immer noch für die Zielgruppe geeignet ist und dürfen sich nicht auf die Angaben der Produktgeber verlassen. Vermittlern wird hier ein riesiger administrativer Aufwand vorhergesagt. Inwieweit sind Sie von dieser Regelung betroffen?

Wir bereiten uns seit einiger Zeit auf die Vorschriften vor, die Mifid II mit sich bringen wird. Derzeit besteht noch eine Ungewissheit und damit fehlende klare Vorgaben an Robo-Advisor, inwieweit eine regelmäßige Prüfung des zu vermittelnden Produktes (=Investmentfonds) auf den Zielmarkt bei Änderung wesentlicher Produktmerkmale erfolgen soll.

Bereits heute können wir aber sagen, dass unser Fondsdienstleister einen Auswahlprozess vorsieht, über welchen wir die Best-in-Class Fonds auswählen, welche der Risikoklasse jeder einzelnen Unteranlageklasse am besten entsprechen. Änderungen wesentlicher Produktmerkmale werden erkannt, geprüft und gegebenenfalls erhält der Kunde eine neue Fondsempfehlung.

Kommt die Product-Governance-Regelung Ihrer Geschäftsentwicklung zugute, weil sie für Ihre Wettbewerber einen hohen administrativen Aufwand mit sich bringt?

Der Impact der MiFID II Product-Governance-Regelungen auf Robo-Advisor nach §34f kann heute aufgrund offener Punkte in der Regulierung noch nicht abschließend beurteilt werden. Daher können wir derzeit auch keine Aussage über administrative Aufwände oder Wettbewerbsvorteile treffen.

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