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Die Kernfrage: Wann kommt die Energiewende?

Roman Limacher von Hauck & Aufhäuser
Roman Limacher von Hauck & Aufhäuser
DAS INVESTMENT.com: Herr Limacher, seit der Katastrophe im Atomkraftwerk von Fukushima streiten sich Atomlobby und Umweltverbände über den Ausstieg aus der Kernkraft. Während die Energieverbände vor hohen Stromkosten warnen, halten Umweltverbände den Ausstieg schon innerhalb der nächsten vier Jahre für möglich. Wie sehen Sie das?

Roman Limacher: Das ist eine künstliche Debatte. Wenn Atomstrom nicht ebenfalls vom Staat subventioniert werden würde, sondern einen richtigen Preis hätte, wäre er deutlich teurer und keine Alternative zu erneuerbaren Energien.  

DAS INVESTMENT.com:
Was ist nicht im Preis drin?

Limacher:
Weder das Risiko eines Defekts, noch die Kosten für die Endlagerung des Atommülls sind angemessen eingepreist. Hätten wir einen funktionierenden Energiemarkt ohne staatliche Eingriffe, wären vermutlich keine Meiler mehr am Netz. Das so genannte Restrisiko wird übrigens weltweit von keinem Versicherer abgedeckt, sondern quasi sozialisiert.

DAS INVESTMENT.com: Ist denn ein sofortiger Ausstieg möglich?

Limacher: Sofort sicherlich nicht. Zwar könnte durchaus genug Energie produziert werden, aber es fehlt an Speichermöglichkeiten und die Leitungsnetze müssten ausgebaut werden.

DAS INVESTMENT.com:
Aber es gibt doch genug Stromleitungen.

Limacher: Aber sie sind nicht auf die schwankende Ausbeute der dezentralen erneuerbaren Energien eingestellt. Wir brauchen außerdem Wechselrichter und Steuerungssysteme, sogenannte intelligente Stromleitungen, Smart Grid.

DAS INVESTMENT.com:
Wann sind 100 Prozent erneuerbarer Strom möglich?

Limacher: Innerhalb von zehn bis zwanzig Jahren, im Idealfall sogar noch schneller. Das Wachstum der Erneuerbare-Energien-Branche ist nicht linear, sondern exponentiell. Die Effizienzsteigerungen und Innovationskraft dieses Sektors werden oft unterschätzt.

DAS INVESTMENT.com: Bremst der Ausstieg aus der Atomkraft die Wirtschaft?

Limacher: Nein, im Gegenteil. Mit der Atomindustrie sind in Deutschland rund 35.000 Arbeitsplätze verbunden. Die Branche der erneuerbaren Energien beschäftigt schon heute 340.000 Menschen, Tendenz steigend. Noch ist die Wirtschaft zu 80 Prozent von fossilen Energieträgern abhängig, deren Preise immer stärker steigen. Dieses Risiko wird deutlich unterschätzt. Der Umstieg auf erneuerbare Energien sichert künftiges Wirtschaftswachstum.

DAS INVESTMENT.com:
Die Kurse der Erneuerbare-Energien-Aktien hat die Katastrophe in Japan schon zum strahlen gebracht. Ist das nur ein vorübergehender Effekt?

Limacher: Vorerst scheint es den Anschein eines Strohfeuers zu haben. Die deutschen erneuerbaren Energietitel haben sich am augenfälligsten erholt, da auch die Reaktion der deutschen Regierung am akzentuiertesten war. Die Unsicherheiten bezüglich der Förderbeiträge sind jedoch nach wie vor groß.

DAS INVESTMENT.com:
Ist jetzt ein guter Einstiegszeitpunkt in erneuerbare Energien?

Limacher: Mittel- und langfristig führt kein Weg an erneuerbaren Energien vorbei. Das große Potenzial in China und Indien wird längerfristig die gesamte Branche beflügeln. Noch wählen unsere Portfolio-Manager die erneuerbaren Energietitel sehr selektiv aus. Auch wenn der Markt vorerst volatil bleibt, langfristig ist die gesamte Palette der Green-Tech-Firmen hin in Richtung einer energieeffizienteren und von fossilen Energieträgern unabhängigeren Wirtschaft ein Mega-Trend.

>> Studie vom Umweltverband Greenpeace





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