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Aktualisiert am 05.10.2016 - 09:42 Uhrin VersicherungenLesedauer: 6 Minuten

Digitalisierung Versichererverband verteidigt Big Data

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Achim Regenauer, Chief Medical Officer der Munich Re, hält solche Sorgen für übertrieben. Dass man Krankheits- oder Todesrisiken mittels Big Data in Zukunft exakt bestimmen könne, sei ein Irrglaube. „Wenn das stimmen würde, dann müssten auch die Lottozahlen vorhersagbar sein”, erklärt er. Der Zufall ist nie zu bändigen, es gibt zu viele Faktoren, von denen der Eintritt eines Ereignisses abhängt. Somit bleibt der Ausgleich in der Versichertengemeinschaft entscheidend für die Risikoabsicherung. Auch Guido Bader von der Stuttgarter Versicherungsgruppe hält die Ängste für überzogen. „Unterschiedliche Risiken unterschiedlich zu bewerten – das war schon immer Teil des Versicherungsgeschäfts.” Und das müsse auch so sein. „Denn wer spürt, dass er zu viel zahlt, versichert sich sonst woanders – oder gleich gar nicht”, so Bader.

Individualisierte Tarife gibt es schon lange

In der Tat sind individualisierte Tarife kein neues Phänomen. Bereits seit dem 17. Jahrhundert wird in der Risikolebensversicherung die Prämie nach Altersgruppen gestaffelt. Der Risikoausgleich in der Gemeinschaft funktioniert trotzdem – über alle Altersgruppen hinweg. Durch Big Data bekommt das Thema jedoch eine neue Dimension. Die Versicherer sind deshalb derzeit sehr damit beschäftigt, das richtige Gleichgewicht zwischen Kollektiv und Differenzierung zu erarbeiten. Bader ist zuversichtlich, dass sie einen Weg finden. „Auf die Differenzierung der Kollektive folgt oft auch eine Differenzierung der Produkte”, sagt er.



In der Geschichte der Versicherungswirtschaft hat ein Mehr an Daten oft dazu geführt, dass sich nicht weniger, sondern mehr Menschen versichern konnten. Ein Beispiel dafür ist die Versicherungsmedizin: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat die Forschung große Fortschritte gemacht, immer mehr Informationen wurden erfasst und analysiert. „Durch das Datenwachstum der letzten hundert Jahre wurden Risiken immer besser abschätzbar”, betont Regenauer. Und damit stieg auch das Produktangebot. So wurde aus der Risikolebensversicherung, die lange nur den Gesunden und Wohlhabenden vorbehalten war, eine Versicherung für die breite Bevölkerung. „Während in den 1930er-Jahren noch 40 Prozent der Antragsteller bei der Risikolebensversicherung wegen eines Krankheitsbildes abgelehnt wurden, sind es heute nur noch ein bis zwei Prozent”, sagt der Versicherungsmediziner. Selbst HIV-Infizierte hätten heutzutage unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, eine solche Versicherung abzuschließen.

Dieser Artikel ist Teil eines Schwerpunktes zum Thema „Digitaler Wandel: Chancen und Risiken für die Versicherungswirtschaft“, die der Versicherungsverband GDV.DE veröffentlicht hat.

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