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Aktualisiert am 14.01.2009 - 09:57 Uhrin FondsLesedauer: 3 Minuten

Drohendes Donnerwetter

Mit Lehman-Zertifikaten haben viele Anleger Geld verloren.
Ihre Anwälte wollen das jetzt von den Beratern zurückholen Finanzkrisen sind regelmäßig nicht nur die Zeit des Klagens über den Markt, sondern auch des Verklagens von Beratern. Zurzeit im Brennpunkt: Die Zertifikate des Emittentenhauses Lehman Brothers, das am 15. September in die Insolvenz ging. Sie fallen als Schuldverschreibungen in die Insolvenzmasse – Anleger werden wohl nur einen Bruchteil ihres investierten Betrags wiedersehen, wenn überhaupt. Der Fall ruft Verbraucherschützer auf den Plan. Sie richten ihre Geschütze auf die Citibank, die Dresdner Bank und fünf Sparkassen, die Lehman-Zertifikate hauptsächlich vertrieben haben sollen. Ein Angriffspunkt basiert auf dem Kickback- Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2006. Hier stellten die Richter für eine Fondsanlage fest, dass der Berater den Anleger darüber aufklären muss, welche Provisionen (Kickbacks) er von der Fondsgesellschaft für das Geschäft erhält. Rechtsanwalt Andreas Tilp, der das Urteil erstritt, geht nun davon aus, dass es auch für andere Anlageklassen gilt. Sicher ist das aber noch nicht. „Wegen der komplizierten Konstruktionen von Zertifikaten sind Kickbacks ohne Insiderinformationen meist nicht nachweisbar“, sagt Oliver Renner, Rechtsanwalt in der Stuttgarter Kanzlei Wüterich & Breucker. Er könne sich jedoch vorstellen, dass ein Kläger über das Auftragsrecht an die pikanten Informationen herankommen könnte. „Laut Bürgerlichem Gesetzbuch hat ein Auftraggeber Anspruch auf alle Informationen, die mit der Auftragsausführung zusammenhängen, also auch über Provisionen“, erklärt er. Und damit wären der Berater oder die Bank dazu verpflichtet, alle Vergütungen offenzulegen. Allerdings sei noch kein Anwalt diesen Weg vor Gericht gegangen, räumt Renner ein. Ungeklärte Risikofrage Der zweite Angriffspunkt: Weil Zertifikate Zahlungsversprechen von Banken sind, musste jeder Berater seine Kunden auf das Risiko des Totalverlustes hinweisen (siehe DAS INVESTMENT 11/2008). Praktisch wird das kaum einer getan haben. „Dass so eine Bank tatsächlich einmal ausfällt, dafür reichte die Fantasie einfach nicht aus“, meint der auf Haftungsfragen spezialisierte Rechtsanwalt Martin Klein. Ob es ausgereicht hat, das Ausfallrisiko lediglich in den Begleitunterlagen der Zertifikate zu vermerken, müsse sich bei Verhandlungen zeigen. Kann der Anleger dort nachweisen, dass er bei vollständiger Information das Zertifikat nicht gekauft hätte, hat er so gut wie gewonnen. Mitentscheidend ist dabei, welche Rolle der Berater spielt. „Ist er nur ein Angestellter, beispielsweise einer Bank, tritt er als Zeuge auf“, sagt Thomas Zacher. Damit sei er für das Gericht ein Außenstehender und somit zumindest formal als Zeuge glaubwürdiger als der Anleger, so der Anwalt von der Kölner Kanzlei Zacher und Partner. Denn der wolle ja mit seiner Klage sein eigenes Geld zurückbekommen. Zacher: „Nur wenn der Berater selbstständig und damit vor Gericht ebenfalls betroffene Partei ist, werden beide Aussagen gleichwertig behandelt.“ Protokoll ist Pflicht Wohl dem, der ein sauberes und vom Kunden unterschriebenes Beratungsprotokoll vorzuweisen hat. Doch auch das ist nicht ohne Tücke. „Ein unterschriebenes Protokoll trägt immer die Vermutung der Vollständigkeit in sich“, erklärt Renner im Juristendeutsch und übersetzt: „Wenn darin etwas fehlt, gilt die Vermutung, dass es nicht im Beratungsgespräch behandelt worden ist.“ Um dieser Falle zu entgehen, empfiehlt sein Kollege Zacher, Musterbögen als Grundlage zu nutzen, die Beraterverbände auf ihren Internet- Seiten oder auf Anfrage anbieten. Sie sollten aber zuvor von einem erfahrenen Anwalt geprüft werden. Sollte das Gericht doch schließlich zugunsten des Anlegers entscheiden und die Beratung noch nicht verjährt sein (siehe Grafik), machen die Beteiligten das Geschäft rückgängig. Nur den Schaden zu ersetzen, ist nicht so einfach, da der Anleger das Zertifikat dann behält und das Drama noch weitergehen kann. Deshalb der Schlussstrich: Der Berater übernimmt das Zertifikat und erstattet seinem Kunden den Anlagebetrag. Und weil der ja in der Zwischenzeit etwas anderes mit seinem Geld getan hätte, bekommt er das Geld verzinst. Dieser Betrag ist Verhandlungssache, eine Richtlinie gibt es dafür nicht. Überhaupt ist die gesamte Zertifikate- Situation rechtliches Neuland. Erste Urteile wird es Rechtsanwalt Klein zufolge frühestens Mitte kommenden Jahres geben. 

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