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Ein Jahr nach dem Referendum Schroders: Diese Folgen hat der Brexit für Großbritannien

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Die politischen Folgen

„Unmittelbar nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses trat der damalige Premierminister David Cameron zurück und Theresa May übernahm das Ruder. Als die ehemalige Innenministerin ihre Brexit-Pläne vorlegte, fielen diese ‚härter‘ aus, als die meisten es erwartet hatten. Das drückte das Pfund weiter und verschärfte die Auswirkungen auf die Haushalte.

Mays Entscheidung, die nationale Selbstbestimmung, die Zuwanderungskontrolle und die Unabhängigkeit vom Europäischen Gerichtshof zur obersten Priorität zu machen, bedeutet, dass die Regierung den gemeinsamen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen müsste. Doch gleichzeitig wurden Pläne geschmiedet, um ein Freihandelsabkommen auszuhandeln und so die Vorteile des Binnenmarktzugangs zu erhalten.

Die erste Reaktion aus Brüssel auf dieses Vorhaben waren Forderungen über Austrittszahlungen in Höhe von 100 Milliarden Euro als Ausgleich für künftige Verbindlichkeiten und bestehende Zahlungszusagen. Dies verleitete die Brexit-Hardliner dazu, einen totalen Verhandlungsstopp und den sofortigen Austritt zu fordern, was wiederum May unter Druck setzte, eine härtere Haltung einzunehmen.

Gleichzeitig gelangte das von Gina Miller angestrengte Gerichtsverfahren zu dem Ergebnis, dass das Parlament über den Brexit abstimmen müsse – eine Niederlage für die amtierende Regierung. Die Auslösung von Artikel 50 wurde beschlossen und eine weitere Abstimmung über das endgültige Verhandlungsergebnis angesetzt.

Im März wurde dann Artikel 50 ausgelöst. Bevor die Verhandlungen offiziell aufgenommen wurden, setzte May jedoch überraschend Parlamentswahlen an. Damit wollte sie offenbar ihre Verhandlungsposition gegenüber Brüssel im Vorfeld der Gespräche stärken. Doch stattdessen verlor die Regierungspartei ihre Mehrheit, was wiederum Mays Brexit-Haltung infrage stellt.

Die Verhandlungsposition Großbritanniens hat ernsthaften Schaden genommen. Das Gleichgewicht der Kräfte hat sich in Richtung Brüssel verschoben. Ohne ein starkes Mandat kann Europa die britischen Forderungen leicht abwiegeln. Das zeigte sich bereits, als Großbritannien sich der Forderung Europas beugte, vor einem Freihandelsabkommen zunächst über die Austrittsmodalitäten zu verhandeln.

Selbst die Drohung der Briten, vorzeitig aus den Verhandlungen auszusteigen, erscheint mittlerweile wie eine leere Behauptung, da sie in der britischen Bevölkerung keine Mehrheit hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass dem Vereinigten Königreich eine „Alles oder nichts“-Vereinbarung angeboten wird, ist unserer Meinung nach deutlich gestiegen. Wahrscheinlich wird das Ergebnis aufgrund der erforderlichen Abstimmung im Parlament noch einmal weicher ausfallen.“