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„Eine persönliche und individuelle Beratung ist nicht für jedermann darstellbar“

Karl Matthäus Schmidt
Karl Matthäus Schmidt
Karl Matthäus Schmidt ist Quirin-Bank-Chef und Vorstandvorsitzender des Berufsverbands deutscher Honorarberater (BVDH). DAS INVESTMENT.com: Was halten Sie von dem „Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente“ allgemein? Ist es geeignet, zu einer flächendeckenden Etablierung der Honorarberatung in Deutschland beizutragen?

Karl Matthäus Schmidt:
Das Honoraranlageberatungsgesetz des Bundesfinanzministeriums ist ein erster Schritt zu mehr Transparenz und Verbraucherschutz im deutschen Finanzberatungsmarkt. Begrüßenswert ist hierbei vor allem, dass die Honorarberatung erstmals begrifflich erfasst und definiert wird. Für eine flächendeckende Einführung der Honorarberatung ist allerdings noch erheblicher Präzisierungsbedarf erforderlich. So ist es aus meiner Sicht wichtig, dass auch provisionsbasierte Finanzdienstleister einer klaren Bezeichnungspflicht unterliegen, damit für den Verbraucher erkennbar ist, ob es sich um einen provisionsabhängigen Verkäufer oder honorarbasierten Berater handelt. Auch die steuerliche Gleichstellung von Honoraren und Provisionen muss  geregelt werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Heute wirken sich Provisionen steuermindernd auf die Abgeltungssteuer aus, Honorare dagegen nicht.

DAS INVESTMENT.com: Wie sehen Sie den Verbot von Mischmodellen bei der Vergütung?

Schmidt: Wir favorisieren eine deutliche Trennung dieser Bereiche und eine klare Positionierung des jeweiligen Hauses als Honorarberater oder als proviosionorientierter Produktverkäufer.  Für den durchschnittlichen Kunden muss in jedem Fall ohne Weiteres erkennbar sein, ob eine Bank provisionsorientiert Produkte verkauft oder auf Honorabasis berät. Bietet die Bank beide Dienstleistungen unter einem Dach an, muss sie daher die jeweiligen Bereiche als eigenständige Einheiten führen, bzw. diese gesellschaftsrechtlich trennen. Neben der klaren Trennung der jeweiligen Geschäftsbereiche müsste die Bank in dem Bereich Honorarberatung der Gefahr einer Bevorzugung haus- und/oder konzerneigener Produkte dadurch begegnen, dass sie in Anlehnung an § 60 VVG verpflichtet ist, jeder Empfehlung eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotetenen Produkten zu Grunde zu legen. Sollte sie hierbei zu der Auffassung gelangen, die Wünsche und Vorstellungen des Kunden seien mit haus- und/oder konzerneigenen Produkte am besten zu erreichen, hätte sie dies in einer für den Kunden nachvollziehbaren Form zu begründen und zu protokollieren.

DAS INVESTMENT.com:
Wie schätzen Sie die Zahlungsbereitschaft der Kunden ein? Werden die „Otto-Normalkunden“ bereit sein, für die Beratungsleistungen entsprechend zu zahlen oder siegt die „Geiz ist geil“-Mentalität?

Schmidt: Die Kunden zahlen ja auch heute schon und oft leider viel zu viel für eine vermeintliche Beratungsleistung, die in Wirklichkeit nichts anderes ist als Produktverkauf. Sie glauben  zunächst die Beratung sei umsonst und merken oft erst, wie hoch die tatsächlichen Kosten sind, wenn das Produkt nicht die erwünschte Rendite gebracht hat. Insofern ist es ein gerne verbreitetes Ammenmärchen, die Menschen seien nicht bereit, für Honorarberatung zu zahlen. Das Gegenteil ist wahr: je mehr man die Verbraucher über die Vorteile einer fairen und unabhängigen Honorarberatung aufklärt, umso eher sind sie auch bereit, dafür einen vernünftigen Preis zu zahlen. Natürlich ist eine persönliche und individuelle Beratung nicht für jedermann darstellbar. Für diese Zielgruppe werden daher standardisierte und preisgünstige online-Angebote zukünftig eine große Rolle spielen. 

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