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„Eine schleichende Enteignung der Sparer findet bereits statt“

Thomas Böckelmann
Thomas Böckelmann
Bei der Diskussion um einerseits Ausgabensenkungen und andererseits Steuererhöhungen als erforderliche Mittel im Kampf gegen die überbordende Staatsverschuldung der westlichen Welt wird unterstellt, dass es einen politischen Rückzahlungswillen gibt.

Solange Sparmaßnahmen bei den Wählern unbeliebt sind und Steuererhöhungen die ohnehin schwierige wirtschaftliche Situation negativ beeinflussen, darf an der Ernsthaftigkeit der Willensbekundungen gezweifelt werden. Vielmehr verlagert die Politik mehr und mehr Verantwortung auf die Notenbanken, die sich zunehmend als Staatenfinanzierer betätigen und durch die Unmengen an bereitgestellter Liquidität ein gefährliches Spiel auf Zeit ermöglichen.

Derweil wächst der Schuldenberg in Höhen, die nur im optimalen Fall einer auf Restrukturierung ausgerichteten Politik über 2-3 Generationen hinweg unter Kontrolle zu bekommen ist. Die Politik wird diese notwendige Zeit weder von den Wählern noch von den ungeduldigen Märkten erhalten.

Szenario 1: Finanzrepression

Eine schleichende sanfte Enteignung der Sparer zugunsten der Staatskassen findet bereits statt. Da Zinseinnahmen auf ‚sichere‘ Einlagen bei Banken und Staatsanleihen nach Abzug von Steuern und Inflation real negativ sind, wird die Kaufkraft der Anleger über die Jahre zugunsten der realen Verschuldung der Staaten reduziert. Die Bundesregierung reduziert über diese Methode ihre reale Verschuldung bei einer 10-jährigen Bundesanleihe um aktuell mehr als 10%. Jeder überschuldeten Regierung ist daran gelegen, die Zinssätze so lange so tief wie möglich zu halten und kann sich dabei auf die Unterstützung der Notenbanken verlassen. Je länger die Krise dauert, umso intensiver verlagert sich das Hauptziel der Notenbanken von Preisstabilität zum Wirtschaftswachstum.

Wer nach Steuern und Inflation sein Vermögen erhalten will muss mindestens 3,5% Rendite pro Jahr erzielen. Dieses ist mit als ‚sicher‘ geltenden Anlagen nicht zu erreichen. Die Zielsetzung Vermögenserhalt setzt daher die Akzeptanz von Wertschwankungen und eine gewisse Verlustbereitschaft voraus. Nach einer umfänglichen individuellen Bestimmung von Anlageziel und Risikotragfähigkeit lässt sich jedoch eine nach Chancen und Risiken ausgewogene Vermögensstruktur entwickeln, die das Vermögen weitgehend sichern kann. Dabei kommt der Mischung unterschiedlicher Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Gold besondere Bedeutung zu.

Szenario 2: Selektive Belastung von Vermögen

Studien haben gezeigt, dass der durchschnittliche Investor Wertschwankungen mehr fürchtet als einen sicheren kleinen Verlust. Da bei Immobilien tägliche Preisschwankungen nicht sichtbar sind, werden diese irrtümlich für wertschwankungsarm gehalten. Ferner wird unterstellt, dass Immobilien einen guten Inflationsschutz bieten. Die Historie zeigt jedoch, dass dies zwar für Grundstückswerte, nicht jedoch für umbauten Raum gilt. Die Bausubstanz verliert wie jedes Gebrauchsgut über die Zeit an Wert und bedarf der regelmäßigen Sanierung. Seit Beginn der Finanzkrise sind die Immobilienpreise deutlich gestiegen, erzielbare Mietrenditen liegen mit 3% teilweise unterhalb der Dividendenrendite von Aktien.

Ferner sind mit Fortschreiten der Krise Zugriffe der Staaten auf das Immobilienvermögen zu befürchten. Da Immobilienbesitz in der Gesamtbevölkerung nicht weit verbreitet ist, kostet eine Belastung der Immobilieneigentümer weniger Wählerstimmen und gilt als gerecht. Die Historie hat gezeigt, wie erfinderisch die öffentliche Hand bei der Entwicklung von Sondersteuern und Abgaben sein kann. Auch die Erfordernisse der Energiewende werden den ein oder anderen tiefen Griff in die Tasche der Eigentümer bedingen.

Im Wertpapierbereich werden wir voraussichtlich die Wiedergeburt der Vermögenssteuer erleben, nachdem bereits die Einführung der Finanztransaktionssteuer einige Renditestellen kosten wird.

Szenario 3: Kapitalverkehrskontrollen und Schuldenschnitte

Schlussendlich wird eine Sanierung der Staatsfinanzen ohne Schuldenschnitte nicht nachhaltig sein. Da über die Zeit immer mehr private Forderungen auf die Notenbanken – also die öffentliche Hand – übertragen werden, sind Schuldner und Gläubiger identisch. Einem Schuldenschnitt steht in letzter Konsequenz technisch wenig im Wege. Allerdings ist dies nur in einer global konzertierten Aktion möglich, eine regionale Durchführung könnte zu einem erheblichen Vertrauensverlust in Euro, Yen oder US-Dollar führen. Ein derartiger Schritt muss daher mit einer Reform des Weltwährungssystems einhergehen - so könnte z.B. wieder über die Einführung eines Goldstandards debattiert werden.

Auch in einem derartigen Szenario sind Bankeinlagen in und Anleihen der betroffenen Regionen denkbar schlechte Anlagen. Wie in jeder Krise der Geschichte sind reale Werte in einem ausgewogenen Verhältnis die geeignetsten Werterhaltungsformen.

Fazit: Die Zielsetzung Vermögenserhalt in der langjährigen Phase globaler Überschuldung bedingt die Akzeptanz von Wertschwankungen und das ausgewogene Investieren in reale Werte wie Aktien, Immobilien und Gold, aber auch die Berücksichtigung von Fremdwährungsräumen sowie Liquidität als taktische Komponente.

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