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Emerging Markets Schwellenland-Fondsmanager sollten sich vom Index lösen

Manches kann sogar die Banker von Goldman Sachs noch erschüttern. Zum Beispiel, wenn sie bei ihrem Chefvolkswirt ein Werk in Auftrag geben und nicht gerade das Erwartete herauskommt. „Sie waren nicht amüsiert“, erinnert sich Jim O’Neill an das Jahr 2008, als er in dieser Funktion etwas über die Zukunft Russlands schreiben sollte. Der Ölpreis werde nicht weiter steigen, so wie in den acht Jahren zuvor, stellte er fest. Gekoppelt mit der alternden Bevölkerung sei ein deutlich sinkendes Wachstum nicht zu vermeiden. Es war nicht gerade das, was die Goldmänner hören wollten. Und noch schlimmer: Der Bericht ging auch an die Presse und sorgte für das eine oder andere unerwünschte Echo, so O’Neill später in einem Interview mit dem Fernsehjournalisten Charlie Rose.
Vorsicht vor alten Restbeständen

Der heute für die Queen arbeitende Volkswirt nahm damit etwas vorweg, das nur wenige sobald für möglich gehalten hatten: Das über viele Jahre starke Wirtschaftswachstum der globalen Schwellenländer lässt nach.
Am Aktienmarkt ist das der Zeitpunkt, an dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Schlecht gemanagte Unternehmen bekommen unter dem nachlassenden wirtschaftlichen Rückenwind Probleme. Gute Unternehmen können hingegen trotzdem wachsen und ihre Aktionäre mit steigenden Gewinnen und Dividenden beglücken. In den Schwellenländern passiert das schon seit einigen Monaten, streng genommen sogar Jahren. Nur dass viele schlechte Unternehmen noch immer von ihren Staaten gepäppelt werden. Doch die können sich das bald nicht mehr leisten, wenn das Wirtschaftswachstum schwächelt und Geld aus dem Ausland knapper und teurer wird. Schließlich wollen die Amerikaner demnächst ihre Zinsen erhöhen. „Die Länder kommen alle entweder aus der kommunistischen, sozialistischen oder kolonialen Welt“, berichtet Jean-Louis Scandella, der das globale Aktienmanagement bei Baring Asset Management leitet. „Und die meisten Unternehmen spiegeln das alles noch wider.“ Für den gebürtigen Franzosen sind solche Restbestände aus dunklen Vergangenheiten nichts. Ihn interessieren neue, modern geführte Unternehmen mit Zukunft. Scandella kam vor etwas über einem Jahr zu Barings und brachte die dortigen Schwellenländerfonds auf Vordermann. Zu seinen wichtigsten Maßnahmen gehörte es, die Portfolios um mehr als die Hälfte einzudampfen und von den Vergleichsindizes zu lösen. Denn die neuen Werte, die er sucht, sind noch zu klein, um in einem Index zu landen. Dort stehen eher die von ihm so verachteten klobigen Restbestände aus alten Zeiten. Damit zog Scandella den Active Share, also den nicht im Index enthaltenen Portfolio-Teil, auf deutlich über 80 Prozent hoch. Eine für heute unverzichtbare Maßnahme, wenn man noch ansprechende Renditen einfahren will. Die Maxime „Geht Butter, geht auch Käse“ funktioniert nicht mehr. Qualität macht den Unterschied. Das Analysehaus Copley Fund Research sortierte jüngst Schwellenländer-Aktienfonds nach ihrem Active Share. Und siehe da, einige der aktivsten Manager gehören auch zu den erfolgreichsten der vergangenen fünf Jahre. Hervorzuheben ist vor allem der Dreierpack von First State Stewart. Deren Global Emerging Markets Leaders Fund konzentriert sich auf Standardwerte, der Global Emerging Markets darf auch Nebenwerte hinzunehmen. Und der Global Emerging Markets Sustainability fügt einen Filter für Nachhaltigkeit hinzu, über den das Management prüft, ob sich die Unternehmen vorbildlich verhalten. Nicht nur in Bezug auf Umwelt, sondern auch auf Löhne und Lieferverträge und Ähnliches.

Manager, die auf Indizes pfeifen

Der Active Share aller drei Fonds kratzt an der 90-Prozent-Marke, Wertentwicklung und eingegangenes Risiko sind lupenrein. Die Manager gehen ähnlich vor wie Barings-Mann Scandella: Sie suchen günstig bewertete, gut geführte Unternehmen mit nachhaltigem Gewinnwachstum und verständlichem Geschäftsmodell. Und sie sind eben auch bereit, abseits der Indizes im Markt danach zu graben. Der Nachteil: Alle drei Fonds sind sanft geschlossen („soft closed“), weil sie schon ziemlich groß sind. In diesem Fall heißt das, dass Anleger zwar noch einsteigen können, aber in jedem Fall den kompletten Ausgabeaufschlag in Höhe von 4 Prozent zahlen müssen. Presseanfragen zu den Fonds beantwortet das Unternehmen darüber hinaus derzeit nicht.
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