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Erholung mit Fragezeichen Perspektiven für die Weltwirtschaft im Jahr 2016

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Schwellenländer: Die goldenen Zeiten kehren nicht wieder

Russland und Brasilien befinden sich derzeit in der Rezession. Auch in Südafrika, der Türkei und in Indonesien hat sich das Wachstum abgeschwächt. Diese Länder leiden als Exporteure von Öl und anderen Rohstoffen besonders unter der China-Krise und dem Preisverfall von Rohöl. Nachdem der starke Globalisierungsschub im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts und damit der Rohstoffboom abgeklungen ist, treten nun die strukturellen Schwächen der Schwellenländer deutlich hervor. In Brasilien etwa war der private Verbrauch von 2004 bis 2011 um jährlich fast 4,5 Prozent gestiegen, die Produktivität dagegen um fast 1 Prozent pro Jahr gesunken. Dies hat die Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen Unternehmen geschwächt. In manchen der betroffenen Länder scheint die politische Führung zudem nicht in der Lage, die hohe Verschuldung abzubauen und die Weichen in Richtung höherer Produktivität zu stellen. Dementsprechend schwach wird das Wachstum in den Schwellenländern in der nächsten Zeit sein. Im Jahr 2016 dürfte es mit 4 Prozent kaum höher liegen als im Jahr 2015.

Euroraum: Temporäres Zwischenhoch

Mit Ausnahme Griechenlands befinden sich die Länder der Euro-Zone derzeit auf einem moderaten Wachstumskurs. Möglich gemacht haben dies vor allem zwei exogene Faktoren: der niedrige Ölpreis und der schwache Euro, der den Export beflügelt. Die einzelnen Länder des Euroraumes entwickeln sich dabei höchst unterschiedlich. Spanien etwa hat das Wachstum mit Reformen, insbesondere des Arbeitsmarktes, wieder angekurbelt. Seit dem ersten Quartal 2013 ist die spanische Wirtschaft zehn Quartale in Folge stärker gewachsen als im jeweils vorhergehenden Quartal.

In anderen wichtigen europäischen Ländern lassen die erforderlichen Strukturreformen hingegen auf sich warten. Insbesondere Frankreich ist nicht in der Lage, seinen staatlichen Sektor zurückzudrängen. Hier zeigt sich die Kehrseite der expansiven Geldpolitik der EZB: Die rekordniedrigen Zinsen erlauben eine weiterhin hohe Kapitalaufnahme und verringern den Anreiz, die Neuverschuldung zu begrenzen.

Weil in wichtigen europäischen Ländern Strukturreformen unterbleiben und auf die Einhaltung der Stabilitätsregeln kein Verlass ist, scheint für Europa ein japanisches Szenario am wahrscheinlichsten: Das Wachstum bleibt schwach und wird nur dank fortgesetzter monetärer Lockerungsmaßnahmen durch die EZB im positiven Bereich gehalten. Auch die Griechenland-Krise ist noch längst nicht überwunden. Dabei dürfte selbst ein Grexit keinen spürbaren Einfluss auf das weitere Wachstum im Euroraum haben. Anders verhält es sich mit einem möglichen Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. Dies hätte potenziell deutlich stärkere wirtschaftliche Folgen als der Grexit. Beide Vorgänge zeigen, dass EU und Europäische Währungsunion unter starkem politischem Druck stehen. Die Gefahr einer weiteren Erosion der Eurozone bis hin zur Möglichkeit eines Auseinanderbrechens ist nicht aus der Welt.